Kurzkritik:Mit Charakter

Lesezeit: 1 min

Das Kammerensemble des Boston Symphony Orchestras

Von Ekaterina Kel, München

Es hatte etwas von einer Leistungsschau. Aber bloß das Gute. Als das Kammerensemble des Boston Symphony Orchestras am Sonntagabend im Herkulessaal sein Programm präsentierte, konnten die Zuschauer, von denen für dieses herrliche Konzert leider viel zu wenige gekommen waren, die große Bandbreite raffinierter Kammermusik erleben - und die ganze Palette der Klänge, die für gewöhnlich im Ensemble eines Orchesters nicht dieselbe Aufmerksamkeit bekommen.

Da ist zum Beispiel das Fagott. Natürlich, viele Komponisten sehen an der einen oder anderen Stelle ihrer Orchesterwerke virtuose Soli für das Holzblasinstrument vor. Bei den Boston Symphony Chamber Players aber darf es immer wieder seinen scharfen, sehr konkreten Klang ausstellen. Langsam sinnierend, warm, aber niemals zärtlich verkitscht, tastet er sich in Francis Poulencs Sextett für Klavier und Bläser an den hochgradig emotionalen, mit vollem Pedaleinsatz gesättigten Klang eines Klaviers heran. Zwar sitzt dort der amerikanische Solist Garrick Ohlsson, er beansprucht aber niemals die Hauptrolle für sich. Stattdessen umrahmen Flöte, Oboe, Klarinette und Horn den Gesamtklang mit ihren unterschiedlichen Färbungen und Charakteren und das Sextett, aufbrausend, unbequem, lebensfroh, wird zum aufregenden Höhepunkt des Abends.

Ebenso eindrücklich bleibt Johannes Brahms Quintett für Klavier und Streicher in f-Moll im Gedächtnis. Hier dürfen die Streicher ihren Klang im Raum ausbreiten, der häufiger bei Kammermusikkonzerten zu hören ist. Auf höchstem Niveau, mit enormer Präzision, konzentriert und trotzdem schwebend, gestalten die Musiker Brahms Musik zu einer erfreulichen Abrundung. Am Anfang spielten Streicher und Bläser zusammen: Die zeitgenössische Komposition "Plain Song, Fantastic Dances" von Michael Gandolfi aus dem Jahr 2005 entwickelt einen herausfordernden, aber sehr lebendigen Klang. Eine spannende Mischung, liebevoll präsentiert, vom Publikum bejubelt.

© SZ vom 14.05.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: