Süddeutsche Zeitung

Kurzkritik:Leben und Tod

Blözinger in der Lach- und Schießgesellschaft

Von Thomas Becker

Es dauert ein paar Minuten, bis der alte Mann aus Robert Blöchl gewichen ist. Kein Wunder, schließlich hat er sich gerade vom Tod verabschiedet, seinem guten Freund. Moment mal: Wie macht man so was eigentlich: sich vom Tod verabschieden? Und wie kann der Sensenmann zum Freund werden? Berechtigte Fragen, aber nach eineinhalb Stunden mit "Blözinger" ist es eher so, dass man traurig ist, dass diese Freundschaft ihr erwartbares Ende gefunden hat. "Bis morgen" heißt das siebte Programm der Linzer Robert Blöchl und Roland Penzinger. Seit 13 Jahren stehen sie auf der Bühne, der eine ist Lehrer, der andere Straßenkünstler und Ex-Zirkusdirektor. Kennengelernt haben sie sich bei den "CliniClowns", als Dr. Sommersprossi und Dr. Penizilini. Kein Mensch will freiwillig ins Krankenhaus, aber nach dem Prinzip der freien Arztwahl ist nun klar, auf wen die Wahl fallen würde, egal was es zu operieren gilt.

Auf ihrer Homepage bezeichnen sie ihr Tun als "Kabarett - Clownerie - und so". In der Lach- und Schießgesellschaft führen sie ein wundersam dichtes Schauspiel, bei dem der kanadische Clown Jacob Banigan Regie führte, zwischen Traum und Realität auf. Ohne Requisiten, dafür mit Mimik, Gestik und viel Lust am Spiel, mit ein paar herumliegenden Wortwitzen und mit viel Gefühl für den richtigen Ton.

Der Plot? Wie beim Brandner Kasper, nur andersrum: Der Boandlkramer mag den Erdling noch nicht mitnehmen, sondern lieber noch etwas Zeit mit ihm verbringen, vier Jahreszeiten lang, von Vivaldi begleitet. Mag wissen, wie Eis schmeckt, wie ein Joint wirkt. Und Franz, der alte Mann? Hasst die Zeit im Altenheim, sehnt den Tod herbei - jetzt sitzt er da und spielt Schach, Karten und Scrabble mit ihm. Gerade als er wieder Spaß am Leben und den Viagra-Pillen findet, nun ja. Bleibt die Frage, warum Blözinger zwar den österreichischen Kabarettpreis gewonnen haben, aber hierzulande viel zu selten in Erscheinung treten. Uns bleibt schließlich auch nicht ewig Zeit.

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Quelle:
SZ vom 24.03.2017
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