Das Tams ist jetzt fünfzig. Und das sorgsam gepflegte Schwabinger Lebens- und Überlebenskünstler-Refugium begeht das mit einer "Revue des Scheiterns". Das ist mal wieder typisch für Anette Spola, Lorenz Seib und Konsorten. Stolz ist man schon und mit Recht, deshalb hat das theatrale Geburtstagsständchen auch den Erfolg im Titel. Doch fast wichtiger ist der Trotz, mit dem "Trotz des großen Erfolgs" in die Nischen schaut, in denen das Krumme und Widerständige blüht. Also zuckelt der Vorhang nach oben und zeigt ein Dutzend Menschen in Unterwäsche. Und weil die nicht schöner auszusehen versuchen, als sie sind, senkt sich der Stoff rasch wieder. Also alles auf Anfang?
Praktisch jede Szene ist ein Neubeginn an diesem auf ein halbes Jahrhundert zurückblickenden Abend. Einmal singt Sophie Wendt wunderschön und nur ein bisschen zu hoch "My Heart Belongs to Daddy", während sich alle in Kleider und Perücken zwängen, die offenbar random aus dem Fundus kommen. Ein anderes Mal kann Burchard Dabinnus einen Vortrag, der die Weisheiten von Robert Habeck und Julian Nagelsmann mit der Heisenbergschen Unschärferelation verknubbelt, kaum gegen Zuspätkommende und andere Zeitdiebe verteidigen. Dazwischen fahnden treue Tams-Akteure in wechselnden Konstellationen nach dem Ich in und neben der Rolle, schauen aufs Theater oder in den Bühnenhimmel, aus dem nicht alles wiederkommt, was man hinaufschmeißt.
Dafür fallen bunte Tutus für ein ulkiges Mermaid-Ballett herab, Reißverschlüsse machen Musik, und das Aufstellen von Mikrofonen gerät zu einem herrlichen menschenfreundlichen Panorama aus unverblümter Ungeschicklichkeit, stiller Bastelfreude und "Das muss jetzt aber"-Ingrimm. Irgendwann vermisst das Regieduo Spola/Seib im Kessler-Zwillinge-Look höchstpersönlich "die Tiefe" - in der ganzen Doppeldeutigkeit der Worte "Tiefe" und "vermessen/vermissen". Tams ist, wenn man trotzdem lacht. Auch und vor allem über sich selbst.