Süddeutsche Zeitung

Kurzkritik:Konsenskomik

Kabarettist Bernd Stelter verspricht einen schönen Abend

Von Oliver Hochkeppel

"Ich hatte heute nichts anderes vor, machen wir uns einen schönen Abend", schlägt Bernd Stelter zum Einstieg dem Publikum im Lustspielhaus vor. Das klingt so gemütlich, wie der rundliche, untersetzte 58-Jährige aussieht. Und wie es dann auch wird.

Wobei sich Stelter unter dem Titel "Hurra, ab Montag ist wieder Wochenende!" einen lockeren Rahmen für seine Späße zusammengezimmert hat. Im Kern geht es um die Frage, warum wir Deutsche, obwohl wir zu den Bevorzugten der Weltbevölkerung gehören, viel unglücklicher sind als beispielsweise die Skandinavier. Und was man dagegen tun könnte. Die Rezepte, die er liefert, sind schlicht: Die Arbeit nicht vom Leben trennen, positiv denken, mehr rausgehen und hinschauen, Gutes tun. Aber Stelter macht was draus. Mit guten Bildern und Beispielen, vom Stargeiger Joshua Bell, an dem als vermeintlicher Straßenmusikant alle vorbeihetzen, bis zu unübersetzbaren, einzigartigen Wörter, die viel über die Mentalität ihrer Sprecher aussagen, wie das schwedische "lagom" oder das dänische "hügge". Natürlich auch mit Scherzen, Kalauern und Herrenwitzen, die der bekennende Karnevalist nicht links liegen lassen kann, von der "Bescheinigung der gelb-grünen Traube" (gleich "Mittlere Reife") bis zum dank einer empörten Dame inzwischen berühmten AKK-Doppelnamen-Bashing.

Wenn er es ernsthaft versucht, gegen Gaffer, Internet-Hater und populistische Präsidenten, wird es schnell etwas kanzelhaft und moralinsauer. Dafür entschädigen seine in Text wie Vortrag überdurchschnittlichen, an Gitarre wie Keyboard (auch mal mit Playback fülliger gemachten) gespielten Songs, samt der Fähigkeit, über sich selbst zu lachen ("Ich bin nackig nicht mehr wirklich ganz so knackig"). Mit der Paradenummer einer mit Ausschnitten aus Schlagersongs erzählten Kreuzfahrt-Liaison geht es dann auch raus. Alles zusammen tatsächlich der versprochene schöne Abend. Nicht mehr, aber auch nicht weniger.

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Quelle:
SZ vom 11.09.2019
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