Süddeutsche Zeitung

Kurzkritik: Klassik:Frage der Balance

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Die Geigerin Midori spielt im Trio im Herkulessaal

Von Klaus P. Richter, München

Wenn das leidenschaftliche Klaviergenie Beethoven Kammermusik mit Klavier komponiert, ist immer mit einer starken Rolle der Tastenkünste zu rechnen. Doch wenn die japanische Violinlegende Midori mit von der Partie ist, erwartet man auch eine Balance der Klänge. Das gelingt ihr als Kammermusikerin im Trio mit dem Pianisten Jonathan Biss und Antoine Lederlin am Cello bereits in der Eröffnung des Klaviertrios, op. 1 Nr.2. Mit beseeltem Ton zaubert sie sich im Herkulessaal im präludierenden Adagio in lichte G-Dur-Höhen und lässt den Steinway unter sich.

Danach wird es allerdings heikler. Jonathan Biss, der brillante pianistische Partner wird doch meistens zur Hauptfigur im Geflecht von Beethovens bunter Einfallsfülle. Vor allem im Scherzo und im sprudelnden Presto-Finale hätte man sich vielleicht den Deckel des Steinways tiefer gewünscht. Im "Largo con espressione", das zu den schönsten von Beethovens langsamen Sätzen zählt, gewann dann aber das beseelte Ton Midoris vor allen in den leisen Passagen immer wieder Präsenz und in den Dialogen mit dem wunderbaren Cello von Antoine Lederlin auch eine großartige Beredtheit. Auch im "Duett" aus den Fantasiestücken von Robert Schumann, op. 88, einem romantischen Panorama pointierter Szenen, blühte die Ensemblekultur des Trios zu großem Format auf.

Zum Höhepunkt des Abends wurde aber Dvořáks Klaviertrio f-Moll, op. 65. Mit rhapsodischen Elan und süffigem Espressivo stürzte sich das Trio in die differenzierten Klangwelten, plastisch in den scharf geschnittenen Themen, nachdenklich im ernsten As-Dur Gesangsthema des Allegro, graziös im Allegretto und voll tänzerischer Leidenschaft im Finale-Allegro. Herzstück aber war wieder das Adagio, wo sich die inspirierten Wechselspiele von Violine und Cello zwischen schwermütigen Moll-Abgründen und einem Klaviersatz von komplexer Brahmsscher Dichte mit eigener Dynamik entfalteten. Einen subtilen Schumann gab es als Zugabe für großen Applaus.

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Quelle:
SZ vom 15.01.2018
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