Kurzkritik: Jazz:Lyrisch und rabiat

Die Ausnahme-Saxofonistin Tia Fuller

Von Oliver Hochkeppel

Bald kommt ein neues Album von Tia Fuller heraus. Wie es der renommiertesten Dame in der Phalanx der amerikanischen Jazz-Saxofonisten zukommt - war sie doch unter anderem musikalische Leiterin bei Esperanza Spalding, aber auch bei der Band von Beyoncé Knowles -, hat sie sich dafür illustre Begleiter aussuchen können: Für ein Trio mit dem Bassisten Dave Holland und den Schlagzeuger Jack De Johnette hat sie ein Programm geschrieben. Mit den beiden Superstars auf Tour zu gehen, ist freilich ein Ding der Unmöglichkeit, De Johnette etwa ist außer für Keith Jarrett schon seit Langem nur in eigener Sache unterwegs.

Also hießen Fullers Begleiter in der Unterfahrt Mimi Jones am Bass und Mark Whitfield jr., Sohn des gleichnamigen Gitarristen, am Schlagzeug. Was kein Schaden für ein Clubkonzert war. Mit Jones ist Fuller bestens eingespielt, und die 35-jährige New Yorkerin ist eine der kraftvollsten und wildesten Bassistinnen der Szene. Die ideale Begleiterin für Fullers explosives Spiel an Alt- und Sopransaxofon, das auch diesmal stets zwischen zwei Polen pendelte: einem sensationell lyrischen Balladenton und rabiaten, stark in den Freejazz lappenden Ausbrüchen.

Was besten Anschauungsunterricht für das ergab, was große Improvisatoren auszeichnet: Der Gedanke eines Tons fällt bei ihnen mit seiner Erzeugung zusammen, ganz ohne Umweg über das Wie, also die Technik. Erfreulich genug, dass Fuller diese Lehrstunde in München überhaupt geben konnte, im Hauptberuf ist sie nämlich Professorin am Berklee College of Music. "Das College unterstützt all meine Aktivitäten", sagt sie. Ein Glück.

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