Süddeutsche Zeitung

Kurzkritik:Intensität und Schönheit

Die Bayerische Philharmonie im Prinzregententheater

Von Klaus Kalchschmid

Bevor nur ein Ton erklungen war, machte schon der Blick auf dieses Orchester staunen: Wann sieht man so zahlreich junge Gesichter, die aus derart vielen Nationen stammen, auf der Bühne des Prinzregententheaters sitzen? Die 84 Musikerinnen und Musiker der Bayerischen Philharmonie stammten bei Anton Bruckners vierter Symphonie denn auch aus 25 Ländern, wie Dirigent Mark Mast vor Beginn des Konzerts stolz erzählte.

Ist der Kopfsatz der "Romantischen" vorbei, hat man ein Spiel auf erstaunlich hohem spielerischen und musikalischem Niveau erlebt: mit homogenen Streicher-Gruppen, die Mast am Ende auch separat aufstehen ließ, feinen Holzbläsern - darunter eine exzellente Solo-Flötistin und ein traumhafter Solo-Klarinettist - sowie warm und doch hell strahlendes Blech. Die zwölf Männer - darunter der Hornist Wolfgang Gaag als einziger, gleichwohl legendärer Senior - durften zu Beginn des Konzerts schon die Wiener-Philharmoniker-Hymne von Richard Strauss schmettern und gaben damit bereits eine treffliche Visitenkarte ab. Große Bögen und ein schwebender, warmer Ausdruck ließen dann das "Andante quasi Allegretto" zum Höhepunkt der Bruckner-Symphonie werden. Nur im Finale hätte man sich manchmal etwas fließendere Tempi gewünscht. Denn bei Bruckners abrupten Abbrüchen, nach denen das musikalische Geschehen wieder neu Fahrt aufnehmen muss, haben selbst erfahrene Orchestermusiker manchmal ihre liebe Not, um so mehr ein so jugendliches, nur in Projekt-Phasen zusammen musizierendes Ensemble.

Vor der Pause stand mit Mozarts "Jupiter-Symphonie" ein weiterer Prüfstein auf dem Programm, von dem sich die Bayerische Philharmonie aber ebenfalls nicht einschüchtern ließ und den sie - nicht zuletzt dank Mark Masts Probenarbeit - plastisch Gestalt werden ließ. Wieder war der langsame Satz von erstaunlicher Intensität und Schönheit geprägt, aber hier überstrahlte natürlich das komplexe, die Themen virtuos übereinander schichtende Finale alles Vorangegangene, so stilsicher das auch musiziert war. Am Samstag, 21. Oktober, stehen im Herkulessaal Mozarts "Requiem" und Schuberts "Magnificat" D 486 auf dem Programm von Chor und Symphonieorchester der Bayerischen Philharmonie. Anfang Dezember folgen dann in der Allerheiligen Hofkirche die ersten drei Kantaten des Bachschen Weihnachtsoratoriums.

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Quelle:
SZ vom 05.10.2017
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