Kurzkritik:Instant, live garniert

St Germain in der Muffathalle am Regler

Von DIRK WAGNER

15 Jahre ließ Ludovic Navarre alias St Germain, der Erfinder des French House, seine Fans warten. Zwischenzeitlich habe der Franzose wohl eine Fortsetzung seines legendären Albums "Tourist" produziert. Weil sie ihm aber nicht gefiel, hat er sie gleich wieder auf den Müll geworfen. Schließlich entdeckte er den afrikanischen Blues aus Mali und kombiniert diesen nun in bewährter Weise als Gemisch aus elektronisch generierter Musik und analogen Aufnahmen. Für die Live-Umsetzung des neuen Albums hat er ein siebenköpfiges Ensemble aus vorwiegend afrikanischen Musikern zusammengestellt. Wobei der Gesang ausnahmslos zugespielt wird. Man hätte sich auch schwer getan, etwa die 1982 verstorbene Blues-Legende Lightnin' Hopkins live singen zu lassen, deren Gesang aus "You Caused My Heart To Weep" als Sample in St Germains "Real Blues" erklingt.

Live erlöst solcher zugespielte Gesang endlich das Publikum von jenen esoterisch anmutenden Buckelwalgesängen, die schon vor Konzertbeginn in der Muffathalle zu hören sind. Ja, bis ins erste Stück hinein singen die Wale. In solcher Kombination erinnern Instrumente wie Kora oder Ngoni eher an globalisierte Wellnessbereiche als an Mali, dessen Nationalfarben die Gipsmaske ziert, die auf jenem weißen Podest haftet, hinter welchem sich St Germain mehr versteckt als präsentiert. Inwieweit er von dort aus überhaupt noch Einfluss auf die Musik nimmt und ob er vorgefertigte Tonspuren, die das Live-Ensemble wiederholt in seine Schranken weist, tatsächlich selbst abspielt, bleibt für das Konzert unbedeutend.

Wichtiger ist vor allem das belebende Saitenspiel von Guimba Kouyate, den der britische Tausendsassa Brian Eno schon mal als den besten Gitarristen lobte, den er seit Jahren gehört habe. Oder die virtuosen Perkussion-Einlagen von Jorge Bezerra, die sich meisterhaft über die vorproduzierten Beats erheben. Gleichwohl nämlich die Kombination solcher Live-Darbietung mit der produzierten House-Musik St Germains Erfolgsrezept ist, scheint die Elektronik die musikalischen Möglichkeiten hier mehr einzuschränken, als zu erweitern. Da wünscht man sich fast ein analoges Remake, welches von St Germain inspiriert ist.

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