Kurzkritik:Hat 'nen Bart

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Die Australier "The Beards" pflegen ihren Namen

Von Jürgen Moises, München

Es hat schon etwas seltsam Erotisches, wenn sich zwei Menschen gegenseitig ihre Bärte kraulen oder, in der Steigerungsform, diese genüsslich aneinander reiben. Miterleben lässt sich dieses mit größter Selbstverständlichkeit zelebrierte Ritual auf Konzerten der australischen Rockband The Beards. Das Kraulen und Aneinanderreiben ist dort aber nicht das einzige Ritual, mit dem man sich als Bartträger gegenseitig huldigt. Auch jedes Lied der Band handelt von Bärten, eigentlich jeder Satz handelt von Bärten. Und dass The Beards ihre musikalische Bart-Religion bereits seit zehn Jahren betreiben, das nötigt schon einen gewissen Respekt ab.

Denn etwa 50 Lieder über Bärte, die müssen einem erst Mal einfallen. "Ten long years, one long beard" heißt die aktuelle Jubiläumstour, auf der die Australier am Montagabend auch im vollen Münchner Ampere Halt machten. Mit "one long beard" könnte in dem Fall der von Bassist Nathaniel Beard gemeint sein, denn der hat eindeutig den längsten. Sänger und Keyboarder Johann Beardraven hat den buschigsten, Schlagzeuger John Beardman Jr. den wildesten und Gitarrist Facey McStubblington, sagen wir mal, neben Nathaniel Beard den gepflegtesten Bart.

Auch im Publikum sah man viele Bärte, selbst bei den Frauen. Diejenige mit dem schönsten Bart bekam dafür von der Band ein Zertifikat. Musik gab es natürlich auch noch, eine recht effektive Mischung aus Rock, Folk und Blues, deren hauptsächlicher Zweck es natürlich ist, Botschaften wie "If your dad doesn't have a beard, you've got two mums" oder "No beard, no good" unters Volk zu bringen. Sänger Johann Beardraven macht das mit einer tiefen, kräftigen, gerne auch mal ins Falsett wechselnden Stimme, die stark an Tenacious-D-Sänger Jack Black erinnert.

In der Gesamtheit ist das nicht nur ziemlich unterhaltsam, sondern hat wie etwa beim hymnenartigen, gemeinsam im Chor gesungenen "The Beard Accessory Store" auch seine ergreifenden Momente. Was aber wohl nur wahre Bart- und Beard-Fans wirklich nachvollziehen können. Denn das Lied handelt von einem Bart-Zubehörladen-Besitzer, der seinen Laden schließen muss, weil immer mehr Leute sich rasieren.

© SZ vom 16.09.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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