Süddeutsche Zeitung

Kurzkritik:Große Verve

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Das tschechische Pavel Haas Quartet im Herkulessaal

Von Klaus Kalchschmid, München

Als Königsdisziplin des Komponierens ist das Repertoire für Streichquartett unendlich vielfältig und reicht von Haydn, Mozart und Beethoven über Schubert und Schostakowitsch bis in die jüngsten Jahre. Trotzdem muss man es bedauern, dass so eigenständige, tief bewegende Werke wie die Peter Tschaikowskys im Konzertsaal kaum eine Rolle spielen. Wird das beliebte op. 11 von 1871 noch relativ häufig gespielt, steht das dritte, fünf Jahre später entstandene Quartett nur selten auf dem Programm.

Das tschechische Pavel Haas Quartet brach nun eine Lanze für das leidenschaftliche Werk und widmete ihm im Herkulessaal eine mustergültige Aufführung. Da herrschte Spannung vom ersten bis zum letzten Ton und vor allem in den großen, tragischen Sätzen, dem nach langer langsamer Einleitung eröffnenden "Allegro moderato" und dem "Andante funebre", war eine große Wehmut und tiefe Empfindung zu spüren, die sich dennoch nie verselbstständigte. Das Finale wiederum wurde vom Pavel Haas Quartet alles andere als lebensfroh vital gespielt, verströmte eher ein verbissenes "Trotz allem".

Die erste Geigerin Veronika Jarůšková erwies sich mit traumhaft schönem Ton als wunderbare primaria inter pares, die oft zu Recht führte. Einen gewichtigen Anteil an der bei aller Schwermut und Dichte der Faktur großen Durchsichtigkeit hatten freilich der zweite Geiger Marek Zwiebel, der Bratschist Jiří Kabát und vor allem Cellist Peter Jarůšek. Er war es auch, der beim Streichquintett op. 111 von Johannes Brahms zu Beginn mit großer Verve und Musikantentum den Ton angab und vor allem den ausgelassenen ersten Satz prägte. Zu seinen ehemaligen Kollegen hinzugekommen war Pavel Nikl, einst Bratscher des Quartetts. Und wieder konnte man in jeder Abschattierung eines Akkords, in allen fein austarierten Steigerungen hören, wie genau aufeinander abgestimmt hier musiziert wurde. Ein Satz aus Antonin Dvořáks Es-Dur-Quintett war Verheißung auf ein hoffentlich baldiges Konzert mit dem ganzen Werk.

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Quelle:
SZ vom 15.02.2019
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