Kurzkritik:Große Gefühle

Der Pianist Jonathan Plowright in der Allerheiligen-Hofkirche

Von Henrik Oerding

Konzertprogramme zu erstellen, ist kein einfaches Unterfangen. Manchmal verwundert so eine bunte Zusammenstellung, die auf den ersten Blick wenig logisch wirkt. Auch beim Konzert des britischen Pianisten Jonathan Plowright in der Allerheiligen-Hofkirche: Mehrere kurze Werke von Bach/Busoni, Brahms, Paderewski, Liszt und Chopin hatte der dabei. Bach, Brahms und polnische Klaviermusik bilden die drei Hauptlinien von Plowrights Schaffen, erläutert das Programmheft - ohne jedoch zu erklären, wie Liszt da hineinpasst. Dass gerade ersteres und letzteres ganz wunderbar zusammengehen, zeigt Plowright: Die tiefe Ruhe in den von Ferruccio Busoni für Klavier bearbeiteten Bach'schen Choralvorspielen spiegelt sich in Chopins melancholisch wiegender Berceuse op. 57 wider und lässt die Zuhörer im sakralen Bau Himmlisches ahnen.

Jonathan Plowright ist ein echter Romancier, ein Gentleman mit Zweireiher und Sinn für große Gefühle. Für manchen Klavier-Fan gilt er daher als Geheimtipp, ähnlich wie der Komponist Ignacy Jan Paderewski: Der Pole ist heute weitgehend vergessen, Ende des 19. Jahrhunderts war er aber einer der bestbezahlten Klavierspieler. Seine Werke strotzen nur so von sehnsuchtsvoller Romantik und zeigen pianistisches Können in wahnwitzigen Tempi. Das liegt auch Plowright, der technisch perfekt spielt und ganz im romantischen Topos des Komponisten aufgeht. In dessen Sarabande meint man dann erneut Bachs Choralvorspiele zu hören - und plötzlich ergibt alles Sinn: ein bestens zusammengestelltes Programm.

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