Kurzkritik:Gregs Agenda

Boston kann sehr heiß sein ... im Schwangerschafts-Entfremdungs-Roman von Lucy Atkins "An jenem dunklen Tag". Eine Londonerin muss ihrem Mann in die fremde Stadt folgen, wo der plötzlich von seiner Vergangenheit bedroht wird.

Von Fritz Göttler

Der amerikanische Traum beginnt ziemlich schräg für Tess. Das Haus, das ihr Mann Greg ausgesucht hat und von dem er schwer begeistert ist, entspricht so gar nicht ihren Vorstellungen von neuenglischem Wohnen, die Nachbarin Helena bleibt kühl und mysteriös, in der Schule wird Joe, der Sohn aus einer früheren Beziehung gemobbt. Tess vermisst London, ihr Haus am Stadtrand mit Blick auf die Downs. Es ist heiß in Boston, drückend schwül wie in Bangkok.

Tess bringt es in eine fast lyrische Form, als sie an die Freundin Nell in London schreibt: "Angekommen! Alles sehr seltsam. Riesiges leeres Haus. ZIKADEN. Wilde Füchse/Kojoten/Hunde. Kühlschrank so groß wie ein Haus. Nachts streitende Nachbarn. Was hab ich nur getan?" Und ihr Mann Greg ist plötzlich so anders. Freut er sich wirklich über das Kind, das sie von ihm im Leib trägt? (Seine Reaktion, als sie ihm das sagte: "Wow ... Tess. Ich meine ... Verdammt.")

Die Journalistin Lucy Atkins erzählt eine subtile Schwangerschafts-Entfremdungs-Studie, weniger mystisch als das legendäre Vorbild von Rosemarys Baby, ungeheuer lapidar. Greg, der erfolgreiche Kinderchirurg, hat offenbar Geheimnisse in der Kindheit, führt sein Leben als eine Fluchtbewegung. Botschaften tauchen auf aus der Vergangenheit, die eine Feuersbrunst erhellt: "Wie kannst du noch in den Spiegel sehen?"

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