Kurzkritik:Gloriolen und Geister

Weihnachtskonzert des BR-Chors mit Patrick Hahn

Von Klaus Kalchschmid

Was haben Felix Mendelssohn, Camille Saint-Saëns, Benjamin Britten und Patrick Hahn, der im Prinzregententheater das Weihnachtskonzert mit dem Chor des Bayerischen Rundfunks dirigierte, gemein? Es sind allesamt junge Männer zwischen 16 und 24, die bereits eine reife, besinnliche geistliche Musik komponieren können. Etwa der 16-jährige Britten mit einer feinen Hymne auf die Jungfrau Maria, in der vier Chor-Solisten auf Latein dem Englisch des Chores antworten. Oder Mendelssohn mit "Verleih uns Frieden gnädiglich", einem zart-romantischen Gebet nach Luther, hier in der Bearbeitung für Chor und Orgel zu erleben.

Der 24-jährige Hahn vertonte die aufgekratzt sinnlich-witzige "Ballade of Christmas Ghosts" mit ebensolchen Mitteln. Für diese Uraufführung nahm er den wiegenden 12/8-Rhythmus des Texts von Andrew Lang, einem schottischen Schriftsteller und Anthropologen des 19. Jahrhunderts, und setzte die Strophen, jeweils mündend in "The ghost we all can raise at will" (die Geister, die wir alle nach Belieben rufen), kraftvoll und immer wieder abgewandelt in Musik - bis zum ruhigen Abgesang.

Der Abend begann mit einer ebenfalls kontemplativen Bearbeitung von "Es ist ein Ros' entsprungen" durch Jan Sandström, den vier Weihnachtsmotetten für Chor a cappella von Francis Poulenc und Leoš Janáčeks tschechischem "Vaterunser" für Tenor, Chor, Harfe und Orgel mit dem ebenso sanft wie mit Kern singenden Ukrainer Oleksiy Palchykov.

Nach der Pause kam das Rundfunkorchester hinzu und versah das "Oratorio de Noël" des 23-jährigen Saint-Saëns immer mal wieder mit einer Streicher-Gloriole. Einmal mehr verzauberte der BR-Chor mit Klangpracht und feinen Zwischentönen. Darüber verfügten auch Mari Eriksmoen, Anke Vondung, Merit Ostermann, Oleksiy Palchykov und Andreas Wolf. Einzig die französische Aussprache des Lateinischen, bei der nicht nur aus jedem u ein ü wurde, war mehr als gewöhnungsbedürftig.

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