Kurzkritik:Geschlechterspott
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Dorothy-Parker-Abend im "Mathilde im Westend
Von Petra Hallmayer, München
Im ersten Moment sucht man verdutzt nach der Bühne. Für eine echte Bühne ist im "Mathilde" im Westend kein Platz. Gespielt wird im kleinsten Theater Münchens, das die Schauspielerin Theresa Hanich in ihrem Ladenlokal eingerichtet hat, auf einem schmalen Podest zwischen Klappstuhlreihen und in einer unter der Decke eingelassenen Schlafnische. In diese steigt die arme Mona nach einer Abtreibung hinauf. Als ihre beste Freundin davon erfährt, eilt sie mit Plätzchen herbei, die sie selbst aufisst, und suhlt sich in als Fürsorge getarnten Gemeinheiten.
"Trost und Licht" ist eine der Geschichten von Dorothy Parker, die Theresa Hanich und Julia Loibl in der Textcollage "Tage des Schreckens, der Verzweiflung und der Weltverbesserung" präsentieren. Und wie sie das tun, ist wirklich entzückend. Die Szenen unterteilen sie mit Liedern und Auszügen aus dem "Tagebuch einer New Yorker Lady", in deren Leben die schlimmste Katastrophe ein abgebrochener Fingernagel ist, wozu sie als Kampftrinkerinnen reihenweise Schnapsgläser kippen. Mit einem, ihren Sinn für Ästhetik und ihr Schienbein folternden (fiktiven) Partner durchstolpert Loibl einen Walzer, bei dem sie Höflichkeiten flötet und in Mordlust schwelgt. In grausam gehässigen Quasseleien ergötzt sich Hanich an der Demütigung der Frau von "Vetter Larry".
Es sind ganz und gar nicht nette Frauen, denen wir bei Dorothy Parker begegnen, einer Virtuosin der messerscharf geschliffenen Pointe, die mit ihrer popsonghaften Lyrik in der Jazz-Ära zur Stimme der Flappers wurde, der rauchenden, exzessiv trinkenden und feiernden Bad Girls. Mit beißendem Spott umkreist ihre Prosa die traditionellen Geschlechterrollen, die Mädchen dazu zwingen, brav und lieb zu sein und sie verlogen und böse machen.
Zum Ausklang führt das Duo in parallelen Telefonmonologen die größte Quelle weiblichen Unglücks vor, die vermaledeite Sucht nach Liebe. Dass die Zuschauer für den Szenenreigen flugzeugeng zusammenrücken müssen, stört keinen. Dem Charme dieses wunderbar gewitzt, mit minimalen Mitteln inszenierten Theaterabends kann man sich nicht entziehen. Wer ihn erleben will, muss sich früh anmelden. Die nächsten Vorstellungen sind bereits ausverkauft.