Kurzkritik:Freche Oldtimer

Die nostalgischen "Stray Cats" im Zenith

Von Ralf Dombrowski

Einerseits ist es ein absurder Abend. Denn Rockabilly hat als Jugendkultur rund sieben Jahrzehnte auf dem Buckel. Schon als die Stray Cats ihn im Fahrwasser von Wave und Punk in den späten Siebzigerjahren wiederbelebten, war er als Mischung aus Rock'n'Roll und Hillbilly ein frech entstaubter Oldtimer, ähnlich wie die Chevys und Buicks, deren Chromleisten seine Fans so gerne polierten. Nun also ist er noch eine Erinnerungsschleife weiter und wird zum vierzigjährigen Bandjubiläum des mittlerweile zwischen Kalifornien und Nashville pendelnden Trios mit dem Gestus des verschmitzt Nostalgischen präsentiert.

Dazu gehören im Publikum Frauen mit Petticoats oder Stilverwandtem und Männer mit irgendetwas Ledernem am Körper und zu Betonwellen aufgeharzten Haartollen. Und auf der Bühne bleiben der Gitarrist und Sänger Brian Setzer, der Bassist Lee Rocker und der Stehtrommler Slim Jim Phantom bei bewährtem Casual-Outfit und einem Sound, der sich ebenfalls über die Jahre kaum verändert hat. So war es andererseits auch ein rührender Abend. Denn natürlich hat Setzer längst anderes ausprobiert und neben den alten Liedern Swing, Surfsound oder Country-Music im Repertoire, vor der er sich dann mit einer kurzen Solo-Nummer im Picking-Stil von Chet Atkins auch verbeugt. Mit seinen beiden Jugendfreunden aber kann er den alten Gestus im Zenith mit einem Programm von aufs Wesentliche reduzierten, kompakten Rock'n'Roll-Songs noch einmal hervorkramen und in korrekten Zeiten wie diesen als jemand, der den Vorruhestand beantragen könnte, mit schelmischem Bubengrinsen "She's Sexy And Seventeen" singen, ohne die Empörungskeule fürchten zu müssen.

Denn das ist Rockabilly, eine ritualisierte Musik aus dem Erinnerungsalbum der Popgeschichte, als man hierzulande Rocker noch Halbstarke nannte. Die Stray Cats um Brian Setzer wissen nur zu gut, dass auch für sie Gene Vincent oder Eddie Cochran schon Senioren waren und inszenieren daher ihre Show von "Runaway Boys" bis "Rumble In Brighton" als Revue der Junggebliebenen, die die Stadt noch immer rocken. Komme, was wolle.

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