Kurzkritik:Filmreif

Die Philharmoniker und das Odeon-Jugendsinfonieorchester

Von Andreas Pernpeintner

Beim vierten Jugendkonzert der Münchner Philharmoniker mit dem Odeon-Jugendsinfonieorchester im Gasteig beruft sich der Moderator Andreas Korn auf das größte Vorbild allen Jugendkonzertwesens: Leonard Bernstein, der als Leiter des New York Philharmonic einst ein solches Format etablierte. Vor 33 Jahren dirigierte Bernstein außerdem hier im Gasteig. Dass er den Saal nicht mochte und damit zum Doyen des Gasteig-Lamentos wurde, erzählt Korn allerdings nicht. Tut auch nichts zur Sache, wenn es um die Symphonischen Tänze aus Bernsteins "West Side Story" geht.

Die nehmen zusammen mit Paul Dukas' "Zauberlehrling" die erste Konzerthälfte ein. "Hollywood" und "Filmmusik" definiert Korn als überspannendes Motto. Genaugenommen trifft das weder auf die "West Side Story" (Musical) noch auf den "Zauberlehrling" (Tondichtung von 1897) zu, aber natürlich hat Hollywood beides trefflich adaptiert. Jedenfalls bieten die Werke Gelegenheit zu wunderbarem Musizieren: Generationenübergreifend besetzt, spielt das fusionierte Riesenorchester unter der Leitung des Odeon-Chefs Julio Doggenweiler Fernández bestens koordiniert, dynamisch prägnant und - bei der "West Side Story" besonders wertvoll - rhythmisch sehr präzise.

Wirkliche Filmmusik gibt es nach der Pause: Wolfgang Zellers Musik zu Lotte Reinigers Animationsstummfilm "Die Abenteuer des Prinzen Achmed" aus dem Jahr 1926 ist eine Rarität. Live zum Film gespielt (Doggenweiler Fernández leistet ideale Abstimmungsarbeit) wird der vierte Akt, der von Aladin und der Wunderlampe handelt. Erstaunlich, welche erzählerische Kraft dieses archaische Kunstwerk entfaltet. Selbst hartnäckige Gamer wischen auf dem Handy zwischenzeitlich ihre Spieleapp zur Seite - die Mehrheit im Saal ist sowieso begeistert bei der Musik. Als Finale erklingt dann (ohne Filmeinspielung) John Williams' "Star Wars"-Musik. Und weil diese Ansammlung von griffigen Forte-Passagen so schön ist, wird sie als Zugabe gleich wiederholt.

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