Kurzkritik:Feines Gespür

Die Philharmoniker mit dem Cellisten Gautier Capuçon

Von Klaus Kalchschmid

Warum gab es wohl unmittelbar nach dieser grandiosen ersten Symphonie von Johannes Brahms ein lautes, einsames Buh im Gasteig? Dabei stimmte unter der Leitung von David Afkham mit den exzellenten Philharmonikern doch alles: die oftmals fließenden Tempi und der kammermusikalisch aufgefächerte, immer sehnig gespannte Klang mit wunderbar schlank gefederten Akkorden. Zur immensen Präzision im Detail kamen große, klug gebaute Steigerungen, vor allem im letzten Satz, dessen Ende mit einem strahlenden Blechbläser-Choral überwölbt ist.

Auf dem Programm stand zuvor mit Gautier Capuçon als Solist das großartige, enorm klangsinnliche und auf sehr eigene Weise virtuose, schon mehrfach auf CD eingespielte Cellokonzert von Henri Dutilleux aus dem Jahr 1970, das mit suggestiven Baudelaire-Zitaten überschrieben ist. Es raunt im oft zart begleiteten Solo-Cello mal geheimnisvoll, so zu Beginn, am Anfang von "Regard - Blick" und in "Miroirs - Spiegel", während "Houles - Wogen" und die abschließende "Hymne" ekstatisch aufrauschen. Heftige Kontraste erwachsen aus dem Gegensatz zwischen Einwürfen des großen Orchesters und immer wieder kammermusikalisch Ziseliertem. Capuçon und die Philharmoniker spielten das mit feinem Gespür für das unverkennbar Französische dieser Musik.

Das war die perfekte Ergänzung zum zwölf Minuten kurzen ersten Orchesterwerk von Olivier Messiaen, das der 22-Jährige 1930 als Abschluss der Studien bei Paul Dukas komponierte. Während sein suggestiver Personalstil samt unverwechselbarer Harmonik in den Ecksätzen von "Les Offrandes oubliées", die "Das Kreuz" und "Die Eucharistie" überschrieben sind, schon deutlich ausgeprägt ist, wird der wilde, aggressive Mittelsatz ("Die Sünde") vom Komponisten als "Lauf in den Abgrund in nahezu mechanisierter Geschwindigkeit" beschrieben, bevor feinste Sphärenmusik, von den Streichern der Philharmoniker überirdisch schön gespielt, die Erlösung verheißt.

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