Kurzkritik:Endlich er

Kirill Petrenko dirigiert erstmals "Fidelio" an der Staatsoper

Von Henrik Oerding

Schon nach wenigen Tönen ist klar: Er ist der richtige Dirigent. Ein lauter Schlag, schon steigen flirrende Streicher aus dem Orchestergraben, die Einsamkeit der Frau auf der Bühne wird spürbar. Ein Crescendo, das einem die Luft nimmt, unterstreicht die Verwandlung der Frau zum Mann. Die Bayerische Staatsoper spielt Fidelio, eine Wiederaufnahme der Inszenierung von Calixto Bieito aus dem Jahr 2010.

Vor mehr als acht Jahren konnte Daniele Gattis musikalische Leitung nicht überzeugen, umso gespannter durfte man sein, was der Münchner Generalmusikdirektor Kirill Petrenko aus seinem ersten Fidelio macht. Keine leichte Aufgabe, denn die Regie sorgt für musikalische Tücken. Bieito hatte entschieden, statt der Fidelio-Ouvertüre die gut doppelt so lange dritte Leonoren-Ouvertüre zu spielen, zu der die Protagonisten dann durch das Plexiglas-Labyrinth der Bühne irren müssen. Das kennt man bald, somit obliegt es Petrenko, hier für Spannung zu sorgen - und das gelingt ihm. Mit klugem Sinn für Dynamik und Farben beweist er, was für ein Klangmagier er sein kann.

Zu Petrenkos großer Stärke gehört es auch, seinen hervorragenden Musikern zu vertrauen. So im zweiten Akt, wo das himmlische Molto Adagio aus Beethovens Streichquartett op. 132 erklingt. Die vier Streicher spielen zum Weinen schön und lassen fast vergessen, dass die Regie sie etwas albern in Käfige gesteckt hat. Wie schon 2010 singen Anja Kampe (Leonore) und Jonas Kaufmann (Florestan) solide Hauptrollen. Gerade die Neubesetzungen sind gelungen, besonders beachtlich ist Günther Groissböck als Rocco, der auch in der Tiefe noch kraftvoll und zupackend bleibt. Auch Hanna-Elisabeth Müller bekommt für ihre elegante Marzelline zu Recht einige Bravi. Den meisten Applaus aber bekommt, absolut verdient, Kirill Petrenko.

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