Süddeutsche Zeitung

Kurzkritik:Elysisch

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Die Songwriterin Henny Herz und "The Moonband" beim Theatron

Von Jennifer Gaschler, München

Wenn die Sonne im Olympiasee versinkt, liegen kosmische Analogien nahe. Schön, wenn dann Henny Herz auf der Bühne des Theatrons steht und mit wachsweichem Alt von der Milchstraße oder der "gentle sun" schwelgt. Die Münchner Songwriterin multipliziert sich à la Ed Sheeran mit einer Loop-Maschine, singt so sphärisch-schöne Duette mit sich selbst. So wird die Gitarre zum Percussion-Körper, unterlegt Sternschnuppen-Zischen eins der melancholischen Lieder. Die Tristesse hat es der Pop-Chansonette angetan, weltschmerzend sind fast alle Songs. Am melodiestärksten gelingen die deutschen Nummern, die etwa die Stimme im Kopf besingen, die der am Abgrund Stehenden zuflüstert: "Geh noch'n Schritt". Große Namen wie Dido oder Norah Jones kommen in den Sinn - wenngleich es der jungen Musikerin noch an Bühnenpräsenz mangelt.

Der guten Stimmung des Sommerabends tut das keinen Abbruch, denn mit dem zweiten Münchner Act, Salome Fur, folgen wahre Rampensäue auf der Seebühne. Eine "seidenweiche Sommer-Popowackel-Party" hatten sie versprochen, auf der Bühne feiern sie selbst mit. Der Frontmann Florian Lempke ist ein Bühnentier, die nötige Routine zum vielschichtigen Klangbild haben aber alle fünf, waren oder sind sie doch Mitglieder von Jamaram, den Steamy Dumplings oder Benuts. Ihr Sound ist, wie könnte es anders sein, Ska in allen Facetten. Fraglos experimentierfreudig sind die Stücke des Debütalbums, "Roses" ist eine Funk-Ballade. Spätestens bei der Symphonic-Rock-Ska-Nummer "The Greatest" ist die Tanzfläche voll. Anderen Songs fehlt ein Quäntchen Wiedererkennungswert.

Ein Heimspiel haben auch The Moonband. Mit den Lokalhelden schließt sich der Kreis zum elysischen Klang von Henny Herz, wenn auch hier im Folk-Pop-Genre. Spaß macht die Musik des Quintetts zudem, gerade wenn Country-Rhythmen im Spiel sind, die in eine Dubliner Kneipe entführen. Stimmlich, vor allem im Duett, sind die Mondgänger sicher nicht die stärksten des Abends - wenn auch live ausgereifter als bei den Studioaufnahmen. Mitreißend sind die langen Instrumentalteile. Spätestens bei "I can't wait no longer", dem "Song für Ungeduldige und Nachtbuswarter", hat die Band das Publikum auf ihrer Seite. Die Traditionals tragen in die Dunkelheit, als die Nachtruhe einsetzt, gibt es noch ein Ständchen in der tanzenden Menge.

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Quelle:
SZ vom 23.08.2017
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