Wer noch zweifelt, dass Andrea Berg gegen Helene Fischer wohl in der Hitparade den Kürzeren ziehen würde, nicht aber bei einer Kneipenschlägerei, der sieht in der Olympiahalle eine Demonstration ihrer Stärke, die mit der Einlaufhymne "Eye Of The Tiger" aus dem Boxfilm "Rocky" loslegt. Was kann die 51-Jährige einstecken! Sprunggelenk in Zürich verknackst? Pah, die Berg - in Bauchtanz-Fummeln, die nach Zwölf-Zentimeter-Absätzen verlangen - zieht die Show in Tretern der Sorte "Bequemschuh" durch. Und das Trauma nach den Tourproben, als ein Bengalo-Effekt sie zur lebenden Fackel machte? Keine Spur. Die Berg ruft "München, lass mich in Flammen stehen!" und stapft mit allen erdenklichen Siegerposen durch ein Feuerland aus Vulkanen, Zündel-Tänzern und pyrotechnischem Dauerbeschuss. Angstfrei erklimmt sie auf ihrer Tournee zum Nummer-1-Album "Seelenbeben" einen turmhohen, Feuer speienden Kulissendrachen.
Als schlagkräftiges Schlagerweib teilt sie aber auch aus - vor allem gegen das angeblich starke Geschlecht: "Ich schieß Dich zum Mond" und so weiter. Sie danke "aus tiefstem Herzen" all den "Vögeln", die sie zu solchen Liedern inspiriert haben, ruft die Krefelderin unter dem Jubel ihrer Leidensgenossinnen. Subversiver Sarkasmus.
Als Führungskraft mit eigenem Label und Team (mit dem Show-Regisseur DJ Bobo und dem Produzenten Dieter Bohlen) ist die einstige Arzthelferin längst eine deutsche Jennifer Lopez. Die Berg fühlt die Gefühle (wenn sie nicht gerade wie eine Schwarzwald-Uhr mit ADHS-Vogel fortwährend "Kuckuck!" zu den Fans macht), steht aber doch über ihnen, sie kämpft um die große Liebe, lässt sich 1000 Mal belügen, aber beim 1001. Mal heißt es dann: "Ich werde lächeln, wenn Du gehst." Vorbildlicher buddhistischer Gleichmut. Da hört man überall Vorbilder wie Vicky Leandros heraus. Aber wenn sie deren dem eigenen Pilsbar-Fox musikalisch weit überlegenes "Ich liebe das Leben" als Höhepunkt der Show anstimmt, zeugt auch das von innerer Stärke.