Kurzkritik:Der Tüftler

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Willy Astors ausgefeiltes neues Programm im Lustspielhaus

Von Oliver Hochkeppel, München

Dass man sich "unter seinem Niveau gut amüsiert" habe, ist ein gängiger Humorkritiker-Topos. Mit leisem Vorwurf will der Autor damit meist sagen, dass der Künstler "nur" komisch ist, ohne kabarettistische Metaebene, gesellschaftskritische Relevanz oder böse Satire. Es ist sehr deutsch, ausgerechnet Humoristen mangelnde Ernsthaftigkeit vorzuwerfen. Außer sie heißen Karl Valentin oder Loriot. Doch auch ein Willy Astor gehört in deren Traditionslinie.

Wie sie ist der 57-jährige Münchner ein perfektionistischer Handwerker, der seine Komik mit unverwechselbarer Handschrift aus harter Arbeit formt. Auch beim im Lustspielhaus vorgestellten neuen Programm "Jäger des verlorenen Satzes" hält sich Astor an sein in 30 Jahren erprobtes Erfolgsrezept, das mehr Zutaten beinhaltet, als seine Kritiker oft erkennen. Er ist Gitarrist, daher hat alles eine musikalische Komponente. Nicht nur die Songs, auch die Kalauer haben Rhythmus und Melodie. Sein Improvisationstalent offenbart sich im Umgang mit dem Publikum; immer geht er bei einer spontanen Runde durch den Saal ein Risiko ein.

Bleiben die typischen, ebenso kunst- wie mühevoll gedrechselten Sprachspielereien: Neben kurzen Gags ragen die mitunter ellenlangen Geschichten heraus, die noch Sinn ergeben, selbst wenn jedes Wort mit A beginnt ("Adalbert Adelsreiters Aha-Alebnis") oder Prominente aus Film, Show und Politik in einer WG aufeinandertreffen ("Liam musste Neeson, er wusste ja nicht, dass ich Sean Penn"). Küchenlatein formt sich zum ausgewachsenen Zweiakter "Omelett" im Stil von William Schmecktsdear. Viele Poetry Slammer und Nachwuchs-Comedians versuchen sich an Ähnlichem, aber keiner versteht sich so auf die Tüfteleien an Wort, Satz und (Un-)Sinn wie der gelernte Maschinenbautechniker Willy Astor. Wäre man Bundestrainer, müsste man das mal ausdrücklich loben als "höggschtes Niveau".

© SZ vom 24.12.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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