Kurzkritik:Das gewisse Etwas

Martina Gedeck rezitiert Texte zu Daniel Röhns Musik

Von Harald Eggebrecht

Eine Atmosphäre so zu beschwören mit Texten und Musik, dass sie sich zu einem zwingenden Gesamteindruck verdichtet, ist keineswegs immer leicht. Denn gesprochenes Wort und Musikstücke können beziehungslos nebeneinander stehen oder sich gegenseitig sogar stören, auch wenn beide geflissentlich ein Thema entfalten sollen aus verschiedenen Sichtweisen. Bei dieser Sonntagsmatinee im Prinzregententheater aber gelang es geradezu spielerisch, das gewisse Etwas der Zwanzigerjahre herbeizuzaubern.

Die Schauspielerin Martina Gedeck rezitierte nicht einfach eine irgendwie passende Auswahl verschiedener literarischer Texte, sondern bettete die Zitate etwa von Bert Brecht, Alfred Döblin, Henry Miller, Walter Benjamin, Kurt Tucholsky oder am Ende augenzwinkernd Oskar Maria Graf in eine angenehm erläuternde, zeigefingerfreie, zugleich hoch konzentrierte Moderation ein. Da hörte jeder im nicht ganz vollen Saal zu und verpasste keine Pointe, keine Volte und Anspielung. Das geschah im Wechsel mit Daniel Röhns bis ins Outfit elegant-ironischer Darbietung von Hits und Arrangements von George Gershwin bis Kurt Weill, von Filmmusiken zwischen Charles Chaplin und Erich Wolfgang Korngold. Die Bayerische Kammerphilharmonie unter Jochen Rieder erwies sich dabei als geradezu edles Salonorchester. Es machte auch mit zwei höchst lebendigen Stücken aus Arthur Honnegers Musik zum legendären "Napoleon"-Film von Abel Gance so bekannt, dass man sofort gerne die Filmsequenzen dazu gesehen hätte.

Stets behielt Daniel Röhn Ton, Technik und Gestaltung im Griff, gab nie dem falschen Affen Zucker, sondern zeigte, wie viel Charme und Melancholie in jener Musik stecken kann, die andere an Sentimentalität, Schmalz und Schmiere verraten. So glückte Martina Gedeck, Daniel Röhn und dem Orchester mit Jochen Rieder ein Konzert voller Witz, Geschmack und Geistreichtum.

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