Kurzkritik:Darmsaitenwohlklang

Der Barockgeiger Augustin Lusson im Antiquarium

Von Harald Eggebrecht

Da, wo sonst nur Orden verliehen werden und Gala-Diners stattfinden, einmal ruhig zu sitzen und einem jungen Barockgeiger zuzuhören, also im ehrwürdigen einzigartigen Antiquarium der Residenz, ist schon besonders. An diesem milden Oktoberabend waren auch Tausende in der jährlichen "Langen Nacht" unterwegs von Museum zu Museum. So wirkten die äußeren Umstände sehr vital und die Residenz keineswegs museal.

Augustin Lusson, Jahrgang 1996 und Preisträger beim Internationalen Wettbewerb, der nach dem großen Barockgeiger und -komponisten Heinrich Ignaz Franz Biber benannt ist, gehört zu den vielseitigen jungen Musikern, die sich mit alter wie zeitgenössischer Musik ebenso beschäftigen wie mit Jazz und allen Arten der Improvisation. Im Nachtkonzert im Antiquarium bot der junge Franzose Johann Sebastian Bachs E-Dur-Partita, zwei Fantasien von Georg Philipp Telemann, dazu Werke von Nicola Matteis und Thomas Balthzar. Zum Schluss: Bibers berühmte Passacaglia.

Dass der große tonnengewölbte Raum akustisch problematisch ist, ahnt man. Aber bei einem Violinsolo gibt es keine störenden Überlagerungen durch andere Instrumente und ihre Klänge. Lusson, anfangs bei Bach manchmal ein wenig lässig, dann aber sich bei Telemann fangend und mit zunehmender Konzentration eindrucksvoll den Raum mit seiner darmbesaiteten Violine ohne Kinnhalter füllend, spielte diese Stücke so virtuos selbstverständlich, dass der Gedanke an die weitreichende Klangveränderung durch die moderne Geige gar nicht aufkommt. Außerdem gab er den musikalischen Figuren konturierte Gestalt und agierte mit überzeugender Pausenstrategie zwischen den Phrasen. Besonders die Schlussgruppen wusste er raffiniert zu setzen. Höhepunkt wurde die meisterlich ausgestaltete und durchfigurierte Passacaglia von Biber. Geradezu "cool" entfaltete Lusson die Register der Barockvioline. Als Zugabe zum prasselnden Beifall eine entspannte Improvisation.

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