Kurzkritik:Brennend und konzentriert

Barbara Hannigan dirigiert die Philharmoniker

Von Harald Eggebrecht

- Nach dem letzten Ton von Wolfgang Amadé Mozarts Requiem entstand in der Philharmonie jene lange Pause, die vom großen Respekt vor dem verklungenen Stück und der Intensität der Aufführung kündet. Barbara Hannigan, der weltberühmten Sängerin, war es auch als Dirigentin gelungen, Musik gleichsam brennen zu lassen, so konzentriert und beschwörend befeuerte sie Chor und Orchester, ohne je Übersicht und Balance zu verlieren. Auch wenn das junge Solistenquartett (Elizabeth Karani, Sopran; Tuuri Dede, Mezzosopran; Thomas Elwin, Tenor; Erik Rosenius, Bass) noch etwas zaghaft wirkte, es passte dennoch gut in diese ungemein geschlossene Aufführung, bei der die vervollständigende Fassung des Mozart-Schülers Franz Xaver Süßmayr geboten wurde. Hannigans Zeichengebung verstärkte bei aller Festigkeit in Tempo und Artikulation besonders die Kantabilität, auch das Lyrische bei allen Beteiligten in diesem mit einem fast undurchdringlichen Mythendikicht umgebenen letzten Werk Mozarts.

Schon der Beginn des Abends zeugte von gesanglicher Sorgfalt und großer Hingabe, als Hannigan Arnold Schönbergs Chor "Friede auf Erden" nach dem Text von Conrad Ferdinand Meyer in der a capella-Fassung von 1907 mit dem insgesamt eindringlichen Philharmonischen Chor überzeugend und konsequent intensivierte. Alban Bergs Violinkonzert, wie Mozarts Requiem ein letztes, allerdings vollendetes Werk, erklang mit Christian Tetzlaff als grandiosem Solisten hell timbriert, erregt ohne Hysterie, aufregend im Auskosten von schmerzlicher Süße ebenso wie in der Deklamation des dramatischen zweiten Satzes. Hannigan dirigierte hier mit Stab, sehr bedacht darauf, Tetzlaff nicht mit orchestraler Massigkeit zu bedrängen. Trotzdem hätte der große Zusammenbruch vor dem Bach-Choralzitat vielleicht doch heftiger, zerstörerischer sein können. Riesenbeifall und eine Bach-Zugabe von Tetzlaff, deren wunderbar ausformulierte Poesie den vollen Saal in eine stille Zuhörgemeinde verwandelte.

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