Kurzkritik:Böser Wolf

Der Punk- und Metal-Held Glenn Danzig in der Tonhalle

Von Martin Pfnür

Um sich der anhaltenden gegenkulturellen Bedeutung des 63-jährigen Glenn Allen Anzalone alias Glenn Danzig zu vergewissern, brauchte man an diesem ersten kühlen Augusttag nur durch den einstigen "Kunstpark Ost" zu spazieren. Eine erstaunliche Anzahl Schwarzgewandeter schlenderte da abends in Richtung Tonhalle, auf ihren T-Shirts prangte ein sinister grinsender Totenkopf oder ein gehörnter Bullenschädel mit spitzen Zähnen.

Es sind freilich Zeichen der Ehrerbietung für einen US-amerikanischen Kultmusiker, dem das Kunststück gelang, sich gleichsam als Punk- und als Heavy-Metal-Ikone zu verewigen. Wo der Totenkopf für Danzigs erste Schaffensphase als Sänger und Songschreiber der Misfits steht, die Ende der Siebzigerjahre mittels ureigener Düster-Ästhetik und ebenso simpel heruntergeschrubbter wie hochmelodischer Songs über Tod und Teufel den "Horrorpunk" erfanden, verweist das Bullenschädel-Artwork auf das vor 30 Jahren erschienene Debüt von Danzigs gleichnamiger Heavy-Metal-Band, dessen Songs bei seinem München-Gastspiel klar die Mehrheit ausmachten.

Schade nur, dass irgendwann der gemeinsame Nenner beider Formationen verloren ging. Ist von Danzigs einst so voluminösem Elvis-Bariton doch nur noch ein heiseres Knurren übrig, das in der prall gefüllten Tonhalle mitunter an den bösen Wolf nach dem Kreide-Genuss denken ließ. Wirklich ins Gewicht fiel dieses Defizit, das besonders beim Über-Hit "Mother", in den herrlichen balladesken Passagen von "How The Gods Kill" oder bei der bluesinfizierten Zugabe "She Rides" deutlich wurde, schönerweise trotzdem nicht. Wohl dem also, der über die Kunst der Emphase und einen großartigen Songkatalog, über ein präzise aufspielendes Backing-Trio und ein Publikum verfügt, das jeden Klassiker mit kollektiver Intonationssicherheit mitzuschmettern weiß. Darauf zwei erhobene Teufelshörner.

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