Kurzkritik:Beziehungstäter

"Bavarian Summit" bei Dancefirst

Von Eva-Elisabeth Fischer, Fürstenfeldbruck

Der Titel "Bavarian Summit" für einen gemischten Abend beim Festival Dancefirst deklariert München zum kulturellen Nabel Bayerns. Denn vier der fünf Choreografen, die das Programm in der Stadthalle Fürstenfeld bestritten, arbeiten in München. Glamouröses Aushängeschild des Abends, den man gut unter dem Titel "Beziehungs-Impressionen" subsumieren könnte, ist das (Ehe-)Paar Lucia Lacarra und Marlon Dino. Die Spanierin und der Albaner, derzeit noch zwei Wochen lang Erste Solisten des Bayerischen Staatsballetts, tanzten ihren Erfolgs-Pas-de-deux des Engländers Russel Maliphant "Spiral Twist", eine faszinierende Zeitlupen-Etüde zum Thema Kreisbewegung mit waghalsigen Hebefiguren. Sie erfüllen damit Heiner Brummels Ideal eines "Festivals in der Provinz mit Weltcharakter". So formuliert es der Erfinder und Leiter dieses mutigen und vom Publikum dankbar angenommenen Unterfangens, das sich schon zur Halbzeit als Erfolgsmodell erweist.

Das in seiner Struktur, Optik und Bewegung wohl interessanteste Stück des Abends: Dustin Kleins "Myopic Bounds". Nicha Rodboon und Jonah Cook erscheinen in einem Lichtkegel zunächst als versetzte Schatten, um dann in repetitiven, immer stärker beschleunigten Pantomimen Alltagsgesten durch kleinste Verschiebungen zu verfremden. Klein schickt die beiden unter dem Titel "Auf der Matte bleiben" in einen mit elektronischen Bassfrequenzen rhythmisch pointierten Nahkampf. Sie ringen existenziell, mal in Turbogeschwindigkeit, mal in extremer Verlangsamung, um die rechte Balance von Nähe und Distanz.

Das einzig politisch grundierte Stück des Abends: Maged Mohameds "Paradise", ein Männerquintett um eine weiße Braut. Die folkloristisch-pittoreske Camouflage gemahnt an das Versprechen im Koran, wonach einen Mann im Paradies 72 Huris, weiße Jungfrauen, erwarten. Damit ködern Islamisten auch Selbstmordattentäter.

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