Der Neue geht ganz schön ran. Gleich in den ersten Song legt er alles rein, was er hat: treibender Beat, eingängiger Refrain, fulminanter Text und ein so aktuelles wie relevantes Thema, nämlich die Geltungssucht der Generation Individuell, dieses ach so dringende Bedürfnis, anders zu sein, zur Not mit Kojoten-Carpaccio auf dem Teller. Oder wie der Mann am Klavier singt: "Ich hol' mir keinen runter, sondern einen rauf." Als er den Schlussakkord auch noch mit Schläfe und Hintern spielt, hört man die Nachtigall trapsen: Individuell will er sein, anders eben. Puh, könnte anstrengend werden. Wird es aber nicht, im Gegenteil. Felix Oliver Schepp ist zwar anders, das aber auf eine äußerst angenehme, bestens unterhaltende Weise.
"Hirnklopfen - Kopfnusslieder und Herzensangelegenheiten" (Regie: Sven Kemmler) heißt das zweite Soloprogramm des in Hamburg lebenden Augsburgers. Als Running Gag hat er sich für eine meridiane Klopftechnik aus der energetischen Psychologie entschieden, mit der man negative Emotionen wegklopfen und den Energiefluss ankurbeln können soll. Mag sein, doch entweder funktioniert das bei Schepp besonders gut, oder er hat diese Hilfe gar nicht nötig. Denn von negativen Emotionen ist man nach 90 Minuten weit weg, und die Energie, die der Mittdreißiger in der mäßig besetzten Lach- und Schießgesellschaft entfacht, wirkt ansteckend.
Nach dem Opener kommt er beim Debüt im "Laden" ohne Ranschmeiße aus, verlässt sich nicht nur auf seine Musikalität, sondern überrascht mit originellen Zugängen: ein Anti-Atomkraft-Duett mit einer Kinderspieluhr ("Weißt du, wie viel Stäblein glühen?"), eine Schlechte-Laune-Hymne ("Endlich wieder Herbst"), gefühliger Dank an den Schutzengel, ein trauriges Lied vom To-do-Kind Justin Time, das statt Sommersprossen Tagesordnungspunkte bekommt, und immer wieder launige Zweizeiler zum Klavierparlando, die er "Scheppsons" getauft hat: "Ich war Milchbubi - und sie laktoseintolerant." Schepp macht Spaß und Lust auf mehr. Junge, komm bald wieder!