Kurkkritik:Alles, was nett ist

Wincent Weiss versucht im Zenith, es jedem recht zu machen

Von Vivian Harris

Nach einer halben Stunde steht Wincent Weiss in Flammen. Auf Konfetti in jeglicher Variante - mal golden, mal aus Farbpulver - folgen Feuerbälle, die an der Bühne hochgeschossen werden, und schließlich ein 26-jähriger Popsänger, dessen Hoodie brennt. Alles für die Show natürlich. Wincent Weiss gibt sich am Samstagabend größte Mühe, das Publikum im ausverkauften Zenith zu unterhalten. Bei seinen Fans kommt das gut an.

Das mag unter anderem daran liegen, dass für jeden etwas dabei ist: Für die Teenie-Fans gibt er mehrmals bekannt, Single und (noch viel besser) ein "Beziehungstyp" zu sein. Für die Münchner singt er in Lederhose "Ein Prosit" (oder stimmt es zumindest an). Für die Mitte-40-Vorstadtmuttis bekundet er seine Abneigung gegenüber Großstädten und den Wunsch, sesshaft zu werden. Und ein Geburtstagsständchen für einen jungen Fan gibt es auch.

Wincent Weiss spielt mit dem Image des charmanten Schwiegersohns mit perfekt gestylten Haaren, der trotz seines Erfolges total nahbar geblieben ist. 2016 veröffentlicht der Singer-Songwriter aus Schleswig-Holstein seine Single "Musik sein" und zählt seitdem zu den erfolgreichsten deutschsprachigen Newcomern. Die Single ist bis heute das wohl originellste Werk von Weiss. Viele der anderen Songs verschwimmen in ähnlichen musikalischen Strukturen und kitschigen Floskeln, die im Zenith noch kitschiger werden - durch eine Leinwand, auf der mal Kinderfotos des Sängers zu sehen sind, mal Impressionen von der Tournee, und etwas, das an einen Bildschirmschoner aus den Nullerjahren erinnert.

Alles wirkt ein bisschen zu auswendig gelernt: die übertriebene Emotionalität, Aussagen wie "nehmt euch Zeit für die Familie", oder nicht ganz jugendfreien Witze, die dank Kommentar zum Schluss doch noch kinderfreundlich werden. Das einzige, woran er aber noch arbeiten könnte, ist der Stage Dive.

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