Kunstraub:"Kunsthandwerk, 30 Euro"

Picasso - La Coiffeuse

Ein Meisterstück des Kubismus, das über 15 Jahre verschollen war: "La Coiffeuse" von Pablo Picasso (1911).

(Foto: Photo CNAC/MNAM Dist. RMN Ð Droits rŽservŽs)

Picassos verschollenes Bild "La Coiffeuse" ist jetzt wieder in Paris. Aber der illegale Kunsthandel floriert weiter.

Von Joseph Hanimann

Zuletzt war das Bild 1998 in einer Ausstellung der Kunsthalle der Hypo-Kulturstiftung in München zu sehen. Nach der Rückkehr ins Centre Pompidou in Paris war es dann, als zwei Jahre später ein neues Ausleihgesuch einging, plötzlich nicht mehr auffindbar. Es blieb verschollen, bis im letzten Dezember aus den USA die Meldung kam: Zollbeamten in Newark war ein Paket aus Belgien mit der Aufschrift "Kunsthandwerk, Schätzungswert 30 Euro" sowie "Frohe Weihnachten" aufgefallen. Sie hatten es geöffnet und Picassos kubistisches Bild "La Coiffeuse" aus dem Jahr 1911 vorgefunden, dessen Wert auf 15 Millionen Euro geschätzt wird. Schmutzig-grau, wie es war, wurde es vor gut einem Monat der französischen Botschaft in Washington übergeben und ist nun im Centre Pompidou eingetroffen. Was in der Zwischenzeit damit geschehen ist, bleibt ein Rätsel und ist Gegenstand einer laufenden Ermittlung.

Das Bild müsse gründlich restauriert werden, sagt der Direktor des Centre Pompidou, Serge Lasvignes, aber es werde noch vor Jahresende wieder in der Sammlung hängen. Dort befand sich das relativ kleinformatige Bild (33 mal 46 Zentimeter), das der Kunsthistoriker Georges Salles in den Fünfzigerjahren erworben und 1966 dem Staat vermacht hatte, seit der Eröffnung des Centre Pompidou. Nun feierte man dort die Vereitelung eines Kunstraubs, die als Ausnahme die Regel eines immer lukrativeren Geschäfts bestätigt. Kunsträuber zu verfolgen und potenzielle Käufer aufzuklären, das sei die notwendige Doppelstrategie, erklärte Frankreichs Haushaltsminister Michel Sapin: Die Käufer müssten wissen, dass Kunstraub heute mit internationalem Terrorismus zusammengehe. Kulturministerin Fleur Pellerin verspricht, dass französische Zöllner künftig nicht nur beim Export, sondern wie die Amerikaner auch beim Import von Waren genauer hinschauen würden. Mit ihren steifen Käppis und Bilderbuch-Schnauzbärten begannen die bei der Zeremonie im Centre Pompidou anwesenden Zollbeamten auch sofort damit - und beugten sich aufmerksam über "La Coiffeuse", um den Unterschied zwischen Kunsthandwerk und Kunst zu studieren.

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