Kunstraub in Paris:Unter Dieben

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Kunsträuber müssen die Wunschlisten reicher Sammler gut im Blick haben: Die Auswahl der erbeuteten Werke orientiert sich an den Preisen auf dem Kunstmarkt.

Laura Weissmüller

Der Mythos des kunstsinnigen Milliardärs, der den Diebstahl eines berühmten Gemäldes in Auftrag gibt, nur um seine Sammlung zu vervollständigen, hält sich so wacker wie er falsch ist: Bislang konnte nicht ein Kunstdiebstahl auf diese Art der Bestellung zurückgeführt werden. Allein: Die Diebe müssen sehr wohl die aktuellen Wunschlisten der internationalen Privatsammler im Blick haben.

Geklaut wird seit Jahren, was auf den Abendauktionen von Christie's und Sotheby's Höchstpreise erzielt: Kunstdiebe wissen genau, was ihre Kunden wollen. (Foto: Foto: istock)

Nackte, Grüne Blätter und Büste

Geklaut wird seit Jahren, was auf den Abendauktionen von Christie's und Sotheby's Höchstpreise erzielt, der gestohlene Picasso in Paris passt da ins Schema: Der spanische Maler ist die beliebteste Wahl bei Kunsträubern, gemäß dem internationalen Art Loss Register sind bis zu 600 seiner Werke als gestohlen gemeldet - gleichzeitig sind Picassos Arbeiten aber auch auf dem Kunstmarkt heiß begehrt. Erst kürzlich erzielte das Gemälde "Nackte, Grüne Blätter und Büste" von ihm in New York den Preis von 106,5 Millionen Dollar (82 Millionen Euro) und stieg damit - zumindest vorübergehend - zum teuersten Kunstwerk der Welt auf.

Oft sind auch Werke von Vertretern der klassischen Moderne unter dem Diebesgut genauso wie Bilder von van Gogh und Cézanne - passend zu den Höchstpreisen, die ihre Gemälde auf dem Kunstmarkt erzielen. So liest sich die Liste der entwendeten Werke beim spektakulärsten Kunstraub in der Schweiz, im Museum der Sammlung Bührle 2008, wie die Aufzählung der Toplose in den Auktionskatalogen: Claude Monets "Mohnfeld bei Vétheuil" war darunter, genauso wie Edgar Degas' "Ludovic Lepic und seine Töchter", Vincent van Goghs "Blühender Kastanienzweig" und Paul Cézannes "Knabe mit der roten Weste". Nur fünf Tage zuvor hatten Kunstdiebe im nahen Pfäffikon südlich von Zürich ebenfalls in einem Museum zugeschlagen, ihre Beute: zwei Picasso-Gemälde.

Der Einwand die Kunstwerke könnten aufgrund ihrer Berühmtheit nicht mehr verkauft werden und eigneten sich damit nur, um Lösegelder bei Museen zu erpressen, trifft dabei wohl langsam nicht mehr zu. In Russland und Fernost sind Märkte entstanden, die sich längst nicht mehr an das Transparenzgebot des westlichen Kunstmarkts halten. Außerdem scheinen sich kostbare Gemälde hervorragend zu eignen, um Schwarzgeld aus anderen kriminellen Sparten reinzuwaschen - die Kanäle des Kunstmarkts braucht man dabei nur noch, um den Marktwert des erbeuteten Raubguts kalkulieren zu können.

© SZ vom 21.05.2010 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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