Kunstraub im Nationalsozialismus:Hitlers schönste Bilder

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Zwei Fotoalben der Kunstraub-Operation der Nazis sind aufgetaucht. Anhand dieser Kataloge wollte Hitler die besten Werke für sein geplantes Kunstmuseum in Linz auswählen.

Jörg Häntzschel

Auch Kunstraub will gut dokumentiert sein, jedenfalls im Dritten Reich. Das zeigt ein Album mit Fotos von durch deutsche Soldaten "sichergestellten" Kunstwerken aus jüdischen Sammlungen in Frankreich, das jetzt dem amerikanischen Nationalarchiv in Washington übergeben wurde. Ein zweites Album soll demnächst folgen. Die "Foto-Mappe Nr. 8" enthält Bilder von Gemälden von François Boucher und Hubert Robert samt Titel, Jahr, Herkunft und Bildbeschreibung - penibel mit Schreibmaschine getippt.

Ein amerikanischer Soldat hatte die beiden ledergebundenen Folianten am Ende des Krieges auf Hitlers "Berghof" bei Berchtesgaden gefunden und als Souvenir mitgenommen ohne sich ihrer Bedeutung bewusst zu sein. Seine Nachfahren fanden sie nun auf dem Dachboden und verkauften sie an den texanischen Ölmillionär Robert Edsel von der "Monuments Men Foundation for the Preservation of Art".

"Monuments Men" wurden die US-Soldaten genannt, die ab 1943 dafür abgestellt wurden, in den Kriegsgebieten Kunst und Kulturgüter zu schützen. Für Edsel dokumentieren die Bände, wie besessen Hitler von der Idee gewesen sei, in seiner Heimatstadt Linz ein "Führer-Museum" zum größten Museum der Welt zu machen.

Die Alben wurden vom "Einsatzstab Reichsleiter Rosenberg, Sonderstab Bildende Kunst" zusammengestellt, der ab Ende 1940 in Paris sitzenden Abteilung, die für Hitlers großangelegte Kunstraub-Operation verantwortlich war. Bis 1944 rafften die deutschen Besatzer allein in Frankreich über 20 000 Werke zusammen, die meisten aus berühmten Sammlungen wie der der Rothschilds, der David-Weills und der von Alphonse Kann.

Allein der erste Transport mit Kunst aus der Sammlung Rothschild füllte damals 30 Güterwaggons. Anhand der Alben wollte Hitler die besten Werke für sein geplantes Kunstmuseum in Linz auswählen. Einen Teil der Alben übergab Rosenberg Hitler 1943 an seinem Geburtstag, um "einen Strahl des Glücks und der Freude" in sein Leben zu schicken.

Insgesamt sollen rund 100 dieser Kunstraub-Kataloge existiert haben. 39 davon - sie liegen ebenfalls im amerikanischen Nationalarchiv - wurden 1945 in Neuschwanstein gefunden. In den Nürnberger Prozessen dienten sie als Beweismaterial für den organisierten Kunstraub der Nazis.

© SZ vom 5.11.2007 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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