NS-Vergangenheit von Kunsthistoriker:Neustart mit alten Kräften

Heinrich Lübke

Bundespräsident Heinrich Lübke und Gattin Wilhelmine besuchen am 9. Dezember 1968 die Neue Nationalgalerie in Berlin. Ganz rechts: deren Chef Professor Werner Haftmann

(Foto: Sammlung Richter/picture alliance)

Die Debatte um Werner Haftmann kratzt auch am Moderne-Mythos der jungen Bundesrepublik.

Von Catrin Lorch

Man kennt den schlaksigen Werner Haftmann von diesen Pressefotos: in dunklem Anzug steht er vor Gemälden, die er angeregt einem Publikum erläutert, das etwas misstrauisch auf die Kompositionen schaut, auf Abstraktion und Moderne, die in den schwarzweißen Bildern ihre Strahlkraft auch nicht wirklich entfalten können. Dieser Kunsthistoriker galt - nicht nur in der Bundesrepublik, aber vor allem dort - als der Vermittler einer zutiefst demokratischen, freien, westlichen Kunst. Er war der theoretische Kopf der von Arnold Bode initiierten ersten Documenta-Ausstellungen in Kassel. Er vermittelte dem Nachkriegsdeutschland in seinen Schriften die verfemte Moderne und machte sich mit populären Ankäufen als Direktor der Neuen Nationalgalerie in Berlin um die Sammlung verdient. Es ist schwer, sich vorzustellen, dass dieser Mann, der in Florenz während der Dreissigerjahre über Säulenordnungen promoviert hatte, in den Kriegsjahren als Partisanenjäger an Folterungen beteiligt war, an Erschießungen teilgenommen hatte und bis zum letzten Tag dem nationalsozialistischen Regime diente - statt, wie es möglich gewesen wäre, zu den Amerikanern überzulaufen.

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