Kunstgeschichte:Unmut über "Salvator Mundi"-Entscheidung

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Was wird im Louvre von Abu Dhabi auf dem Schild neben dem "Salvator Mundi" stehen? "Von Leonardo da Vinci"? Oder nur "aus dessen Werkstatt"? (Foto: dpa)

Das angebliche Leonardo-Werk, das teuerste je versteigerte Gemälde, wird im Louvre in Abu Dhabi hängen. Das verstimmt Mitarbeiter des Pariser Mutterhauses.

Von Kia Vahland und Joseph Hanimann

Der "Salvator Mundi", gemalt angeblich von Leonardo da Vinci, wird demnächst im neuen Louvre von Abu Dhabi gezeigt. Das Gemälde war Mitte November für insgesamt 450,3 Millionen Dollar bei Christie's in New York versteigert worden und ist nun das mit Abstand am teuersten auf Auktionen gehandelte Kunstwerk.

Dies markiert eine Zäsur nicht nur für den Kunstmarkt, sondern mehr noch für die Kunstgeschichte. Denn das kleine, massiv beschädigte und neu restaurierte Gemälde ist kein gesicherter Leonardo. In schriftlichen historischen Quellen ist nicht belegt, dass Leonardo ein solches Gemälde gemalt hat. Alles, was überliefert ist, sind zwei Gewandstudien aus seiner Hand, die auch in anderem Zusammenhang entstanden sein können. Das Bild selbst ist ihm erst Mitte des 17. Jahrhunderts für einen kurzen Moment zugesprochen worden - um daraufhin von vielen Generationen von Experten aberkannt zu werden. Im Jahr 1958 galt es nur noch als drittklassige Arbeit aus der Werkstatt Leonardos und erreichte auf einer Altmeisterauktion einen Preis von lediglich 45 britischen Pfund.

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Mit einem Endpreis von 450,3 Millionen Dollar ist "Salvator Mundi" das teuerste Kunstwerk aller Zeiten. Aber die Zweifel, ob es wirklich von Leonardo da Vinci ist, sind fundiert und durchaus berechtigt.

Von Kia Vahland

Die Hinweise auf eine Autorschaft da Vincis sind so dürftig wie bei keinem anderen seiner musealen Gemälde. Auch Stilvergleiche helfen kaum weiter, weil große Teile der originalen Farbe gar nicht erhalten sind. Wenn ein so fragwürdiges Gemälde nun in einem Museum vom Rang des Louvre-Ablegers gezeigt wird, prägt und verändert dies die kollektive Wahrnehmung von Leonardo da Vincis Malweise.

Entscheidend ist, was auf dem Schild neben dem ausgestellten Gemälde stünde

Im Pariser Louvre sorgt die Entscheidung der Zweigstelle deshalb für Unmut. Die Zentrale weist darauf hin, dass die Leihgabe nicht im Rahmen des Partnerschaftsvertrags zustande komme, sondern allein von der Niederlassung in Abu Dhabi zu verantworten sei. Intern ist der "Salvator Mundi" im Louvre schon länger umstritten. Der Direktor Jean-Luc Martinez sagte unlängst im Radio, sein Museum wolle in einer Ausstellung zum 500. Todestag des Meisters im Jahr 2019 auch den "Salvator Mundi" zeigen. Dies aber bestätigt die Pressestelle nun nicht mehr und lässt die Frage offen. Entscheidend ist, was auf dem Schild neben dem ausgestellten Gemälde stünde: "Leonardo da Vinci" oder "aus der Werkstatt von Leonardo da Vinci"? Letzteres wünscht der gelegentlich für den Louvre arbeitende Leonardo-Experte Jacques Franck, der das Werk für nicht eigenhändig hält und kritisiert, Forscher würden mit wissenschaftlich nicht gesicherten Aussagen zur Preissteigerung im Kunstmarkt beitragen.

Über die Identität der Käufer von "Salvator Mundi" gibt es weiterhin nur Vermutungen. Die französische Wochenzeitung Le Journal du Dimanche spricht von zwei Investitionsgesellschaften, die im Rahmen eines Abkommens mit mehreren größeren Museen in Asien und dem Mittleren Osten das Gemälde künftig verleihen oder sogar weiterverkaufen sollen. Die New York Times nennt als Käufer den saudi-arabischen Prinzen Bader bin Abdullah bin Mohammed bin Farhan al-Saud.

Auf dem Kunstmarkt war dieser bisher keine wichtige Figur. Er gehört zum engeren Kreis um den 32-jährigen saudi-arabischen Kronprinzen Mohammed bin Salman, ist etwa gleich alt wie dieser und hat mit ihm zusammen die King- Saud-Universität in Riad besucht. Bader bin Abdullah bin Mohammed bin Farhan al-Saud ist heute Vorsitzender der Saudi Research and Marketing Group und gilt als Vertreter der jungen Unternehmergarde seines Landes. Der Konzern Energy Holding, in dessen Verwaltungsrat er sitzt, nennt ihn einen der jüngsten Unternehmer Saudi-Arabiens. Tätig ist er vor allem in den Branchen Telekommunikation, Immobilien und Energie. Er scheint überdies nähere Kontakte zur neuen Kulturelite der Emirate und zum Louvre Abu Dhabi zu pflegen, was die Verbindung des Bildes "Salvator Mundi" mit diesem Museum erklären würde.

© SZ vom 08.12.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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