Kunstgeschichte:Lautmalerei

Das Rijksmuseum in Amsterdam will nicht diskriminieren und schreibt Bildtitel um. "Neger" und "Zwerg" sind tabu. Den Künstlern selbst waren Titel sowieso egal.

Von Kia Vahland

Das Amsterdamer Rijksmuseum, eines der wichtigsten Altmeistermuseen Europas, wird alle Bildtitel und -texte ändern, von denen sich Menschengruppen diskriminiert fühlen können. Koloniale Bezeichnungen wie "Neger", "Hottentotten" und "Eskimo" werden gestrichen. Bisher beschrieb ein Bildtext etwa das 1594 gemalte "Bad der Bathseba" von Cornelis van Haarlem als "exotisch", weil auch eine farbige Dienerin zu sehen ist. Neben rassistischen Stereotypen sollen auch abfällige Begriffe wie "Zwerge" und "Stotterer" ersetzt werden.

Das Museum zeigt 8000 Werke und Objekte in seiner ständigen Sammlung. Mehr als eine Million weitere Stücke befinden sich im Depot, werden aber nach und nach im Internet nachzuschlagen sein. Auch deren Angaben werden nun auf abwertende Klischees hin geprüft und dann geändert.

In den allermeisten Fällen korrigiert das Museum damit nur sich selbst, nicht aber die Künstler und Urheber. Denn bevor im 18. Jahrhundert gedruckte Museumskataloge populär wurden, waren Bildtitel kaum üblich. Zwar bezeichneten Kunstliteraten schon seit der Renaissance Gemälde und Skulpturen, um sie identifizierbar zu machen. Doch die Maler und Bildhauer selbst konzentrierten sich in aller Regel auf die Kunst, und die kam damals noch ohne Titel aus. Christliche Ikonografie und die Mythologie waren Gemeingut; ein Auftraggeber wusste auch ohne Beipackzettel, was er bestellt hatte. Und wenn Künstler bewusst vom Kanon der überlieferten Motive abwichen, wie etwa Giorgione, dann hüteten sie sich erst recht, ihr Geheimnis in expliziten Bildnamen zu lüften. Erst im 19. Jahrhundert entdeckten Künstler reihenweise den sinngebenden Charme von Bildtiteln für sich.

Was jetzt geändert wird, sind also zumeist e Formulierungen späterer Kunsthistoriker oder, im Fall der Schriftstücke und der anderen Objekte, Historiker. Die früheren Bezeichnungen werden im Archiv bewahrt, als Quellen für historische Recherchen. Es gibt keinen Grund, heute in einem international geprägten Land wie den Niederlanden noch an kolonialen Bildbeschreibungen in Museumssälen festzuhalten. Die Kunst im Museum gehört schließlich allen Niederländern, gleichgültig, wo ihre Urgroßeltern geboren wurden. Und Gäste aus dem Ausland sollte man auch nicht unnötig beleidigen. Ebenso wenig muss sich eine dunkelhäutige Hausangestellte in schmierigem Ton nachsagen lassen, sie sei "exotisch" gewesen.

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