Süddeutsche Zeitung

Kunstgalerien:Streit ums Erbe

Wem gehört der Nachlass des großen Fotografen August Sander? Die Galerie Hauser & Wirth verkauft jetzt Prints, hat aber vielleicht nicht das Recht dazu.

Von Trudi Georg

Ist zu befürchten, dass der Nachlass von August Sander nach New York abwandert und womöglich im Markt zerstreut wird? Die Galerie Hauser & Wirth gab in der vergangenen Woche bekannt, seit Februar dieses Jahres den Nachlass Sanders (1876 bis 1964) zu vertreten, der vor allem wegen seiner seriellen Porträts von Deutschen als einer der bedeutendsten Fotografen des 20. Jahrhunderts gilt.

Kurz darauf dementierte allerdings die Kölner SK-Stiftung Kultur diese Meldung mit der Begründung, sie sei die "einzige legitime Repräsentanz dieses Nachlasses". 1992 hatte die Stiftung unter anderem 10 700 Glas-Negative und 3500 Vintage-Abzüge sowie Archivmaterial und die Reproduktionsrechte von Sanders Enkel Gerd Sander gekauft. Ziel der Stiftung ist die Erforschung und Verbreitung des Werks, in der Vergangenheit betreute man in Köln zahlreiche Ausstellungen und Publikationen.

Doch Julian Sander, Urenkel und selbst Galerist in Köln, bestätigte der SZ, er habe der Galerie Hauser & Wirth ein Konvolut an Modern Prints übergeben, die sich noch im Familienbesitz befanden. Er kritisierte, die SK-Stiftung vertrete Sanders Werk nicht angemessen, er werde ihn in Zukunft zusammen mit Hauser & Wirth vermarkten. "August Sander gehört nicht nur die Fotografiegeschichte, er ist ein bedeutender Künstler, und dass Hauser & Wirth ihn nun vertreten, belegt seinen Rang", sagte er. Auf Nachfrage räumte der Urenkel aber ein, dass die SK-Stiftung mit seinem Vater einen Kaufvertrag abgeschlossen habe, "wo drinsteht, dass sie den Nachlass haben".

Hat Iwan Wirth, einer der bedeutendsten Galeristen weltweit, der unter anderem auch die Nachlässe von Lee Lozano und Allan Kaprow vertritt, die rechtliche Situation nicht geprüft? Auf diesbezügliche Anfragen antwortete seine Pressestelle nicht, aber der Galerist schafft bereits Fakten: In seiner New Yorker Dependance eröffnete er die Gruppenschau "Serialities", die Fotografien von August Sander zusammen mit Werken von Bernd und Hilla Becher und Cindy Sherman zeigt.

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Quelle:
SZ vom 18.02.2017
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