Kunstfreiheit:Rechtsstreit um "Kraftwerk"-Sample geht weiter

Kunstfreiheit: Moses Pelham vor Gericht im November 2015.

Moses Pelham vor Gericht im November 2015.

(Foto: AP)

Die Band hatte in einer ersten Entscheidung gegen Moses Pelham verloren. Der EuGH könnte die Entscheidung nun aber kippen - und damit dem Hip-Hop ein Problem bescheren.

Von Jan Kedves

Aus zwei Sekunden sind fast 20 Jahre geworden, und es ist immer noch nicht vorbei: Der Streit zwischen der Düsseldorfer Elektro-Pop-Band Kraftwerk und dem Frankfurter Hip-Hop-Produzenten Moses Pelham geht in eine weitere Runde. Er entzündete sich 1997 daran, dass Pelham ein zweisekündiges Beat-Sample aus dem Kraftwerk-Stück "Metall auf Metall" im Sabrina-Setlur-Song "Nur mir" verwendete - ohne um Erlaubnis zu fragen.

Kraftwerk fühlten sich beklaut, auch wenn das Sample nur in den ersten Sekunden des Setlur-Songs zu hören ist und danach von allerhand weiteren Loops, Raps, Synthesizern und Riffs überlagert wird. Der für das Urheberrecht zuständige Erste Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat das Verfahren am gestrigen Donnerstag ausgesetzt, um dem Gerichtshof der Europäischen Union in Luxemburg "Fragen zu einer Verletzung der Rechte des Tonträgerherstellers durch Sampling" vorzulegen.

Kraftwerk könnten den Prozess nun doch noch gewinnen

Das bedeutet konkret: Der Bundesgerichtshof zweifelt an, ob das Bundesverfassungsgericht in der Sache überhaupt etwas zu sagen hat. Dieses hatte zwar im Mai vergangenen Jahres für die Kunstfreiheit votiert und das von Kraftwerk erwirkte Verbot des Setlur-Songs gekippt. In der Hip-Hop-Welt wurde diese Entscheidung mit Erleichterung aufgenommen, denn Sampling gehört zu ihren kreativen Grundpfeilern. Aber die relevanten Urheberrechts-Vorschriften sind in der EU vereinheitlicht, deswegen muss nun eben, vor einer finalen Entscheidung in Karlsruhe, erst Luxemburg gehört werden.

Ralf Hütter, das einzig verbleibende Kraftwerk-Originalmitglied und in diesem Fall der Kläger, dürfte die Weiterleitung freuen. Nicht nur, weil er den Prozess nun eben doch noch gewinnen könnte. Sondern auch, weil Kraftwerk in Songs wie "Europa endlos" oder "Trans Europa Express" ja schon in den Siebzigerjahren die Schönheit des grenzenlos vereinheitlichten Europas besangen.

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