Kunstfälschung:Optisch aufgehellt

Stimmen aus Frankreich warnten schon lange vor Unregelmäßigkeiten. Dennoch hält das "Kunsthaus" Dresden weiterhin unbeirrt an den gefälschten Collagen des vermeintlichen Dadaisten "Karl Waldmanns" fest

Von Thomas Steinfeld

Die Kuratorin schwieg. Fast drei Stunden lang präsentierte der belgische Galerist Pascal Polar am vergangenen Donnerstagabend im Dresdner "Kunsthaus" das angebliche Werk "Karl Waldmanns". Schon auf der Pressekonferenz am Mittag dieses Tages hatte er erzählt, wie die 1209 Collagen in konstruktivistischer Machart zwischen 1920 und 1958 entstanden, im Jahr 1989 irgendwo bei Dresden gefunden worden seien. Am Abend wiederholte er die Geschichte, um dann auszuholen zu einer endlosen Beschreibung der Mühen, die er sich bei der Identifikation der Elemente gemacht hatte, die in die Collagen eingegangen waren. Dabei ging es zum Beispiel um das Bild einer Tänzerin, nicht größer als eine Münze. Es stamme, so berichtete er, aus einem Sammelbild, das Mitte der dreißiger Jahre manchen Päckchen einer Dresdner Zigarettenmarke namens "Eckstein" beigegeben worden war. Aber wie plausibel ist diese Geschichte? Wie viele Druckerzeugnisse gab es in jener Zeit, die Polar alle hätte sichten müssen - allein, ohne Mitarbeiter, ohne Apparat -, um diese Quelle zu identifizieren? Und der Kunsthändler erzählte nicht nur von einem Fund, sondern von Dutzenden Recherchen mit ähnlich glücklichem Ausgang. Je länger er redete, desto unglaublicher wurden seine Geschichten, und am Ende dürfte auch der Letzte im Publikum geahnt haben, dass hier kein Galerist, sondern ein Fantast seine Monologe hielt.

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