Kunst:Wolfgang Tillmans in Dublin

Von Nicolas Freund

Die Ausstellung beginnt in Afrika, am Kongo. Ein großformatiges Foto zeigt den Strom im Halbdunkel, am fernen Ufer brennen ein paar Lichter wie einsame Feuer. Davor fließt das schwarze Wasser, und die etwas zu lange Belichtungszeit des Bildes lässt die Wellen wie gemalt, nicht wie fotografiert wirken.

Die erste Werkschau des Künstlers Wolfgang Tillmans in Dublin ("Rebuilding the Future, IMMA - Irish Museum of Modern Art, noch bis 17. Februar 2019) zeigt zwar Werke aus allen Schaffensphasen, von den geblitzten Schnappschüssen aus der Berliner Technoszene der Neunziger bis zu den jüngsten Ausflügen nach Afrika, sie ist aber nicht einfach eine Bestandsaufnahme oder eine Retrospektive. Sie möchte Verbindungen herstellen und sichtbar machen, zwischen Vergangenheit und Zukunft, zwischen Orten, Gegenständen und Ideen. Vielleicht findet sich in der eigenwilligen Hängung der Fotos, die teilweise kurz unter der Decke oder nur provisorisch an den Wänden befestigt sind, deshalb auch die für Tillmans typisch unschuldig provokante Aufnahme eines Operationssaals, in dem gerade ein Bauch geöffnet wird. Denn das IMMA ist in einem ehemaligen Krankenhaus untergebracht.

Die Bögen, die eine Fotowand zu historischen Ereignissen oder in die Zukunft spannen möchte, wirken etwas bemüht. Interessanter sind die Verbindungen, die der Besucher in diesem Werksquerschnitt selbst ziehen kann. Müsste man etwas gemeinsames in den Fotos finden, dann am ehesten, dass es oft nicht um das geht, was gezeigt wird, sondern um die Umstände der Aufnahme, um das, was jenseits der Bilderränder passiert, was geschehen ist oder noch geschehen wird. So erklärt sich auch die etwas rätselhafte Klanginstallation im letzten Raum. Zu einem großen Bild vieler kleiner Sanddünen erzählt Tillmans von der Unbegreiflichkeit der Smartphones, die inzwischen fast jeder mit sich herumträgt. Darüber, wie unbegreiflich diese Technik wirklich ist, ließe sich streiten. Kaum bewusst ist den meisten Handybesitzern aber wahrscheinlich, was ihr kleines Gerät mit dem ersten Bild der Ausstellung zu tun hat, mit dem zentralafrikanischen Kongo, wo unter haarsträubenden Bedingungen die Rohstoffe geschürft werden, die in jedem Smartphone enthalten sind. Das formuliert die Ausstellung nicht so deutlich. Aber sie legt es nahe.

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