Kunst:Viel Attrappe

Kunst: Sieht so die Zukunft auf unseren Straßen aus ? Eher nicht. Die Studenten der Bühnenbildklasse von Katrin Brack stellen sich ihr Vehikel vielmehr in einem Theaterstück vor.

Sieht so die Zukunft auf unseren Straßen aus ? Eher nicht. Die Studenten der Bühnenbildklasse von Katrin Brack stellen sich ihr Vehikel vielmehr in einem Theaterstück vor.

(Foto: Peter Reill)

Die Jahresausstellung in der Akademie

Von Jürgen Moises

Alles wird sich fügen. Das ist ein schöner, frommer Satz, wie aus einer Predigt oder aus einem Orakelspruch. Tatsächlich entstammt er aber einem Glückskeks. Und die Klasse Pitz hat ihn sich als Motto für die Jahresausstellung der Münchner Kunstakademie gewählt, weil er nicht nur gut, sondern auch vieldeutig klingt. So denken etwa einige Studierende davon angeregt über Zukunftskonzepte nach, über Fragen wie: Wo steht der Mensch? Wie sieht es mit der Ressourcenknappheit aus? Konkret gefasst wird das Thema in Form einer auf dem Boden liegenden Kugel, die aus Menschen- und Tierfiguren aus Plastik besteht. Oder in Form von schwarzen Kästen, die mit Minzblättern gefüllt sind. Diese kann man nicht sehen, sondern nur riechen. Und der zugehörige Titel "Mint-Trade" bedeutet nicht nur "Minz-Handel". Sondern er spielt auch auf die MINT-Fächer, also Mathematik, Informatik, Naturwissenschaft und Technik an.

Sich fügen, das könnte aber auch sich unterwerfen heißen. Und damit wären wir bei der "Polizeiklasse", die ebenfalls an der Jahresausstellung teilnimmt. Die Polizeiklasse, das ist ein loser Zusammenschluss von aktuell 20 bis 30 Studierenden, die seit April schon für einiges Aufsehen gesorgt haben. Und zwar mit Aktionen gegen das neue Polizeiaufgabengesetz und eine allgemein zunehmende Polizeiwillkür. Weil sie sich genau dieser nicht beugen wollen, haben die Studierenden in den vergangenen Wochen Überwachungskamera-Attrappen aufgestellt und einen Protestmarsch organisiert. In der Jahresausstellung ist die Polizeiklasse mit einer Installation aus bedruckten Ziegelsteinen vertreten. Außerdem betreiben die Mitglieder eine offene "Politbühne". Und sie nehmen an der Störfunkanstalt 42 teil, die neun Tage über akademieradio.de live aus der Kunstakademie sendet.

Eröffnet wird die Jahresausstellung an diesem Samstagnachmittag um 14 Uhr. Es wird eine Begrüßungsrede und "Zirkusmusik" geben. Der Preis des Akademievereins wird verliehen, und eine "süße Überraschung" für die Besucher soll es ebenfalls geben. Auch für danach sind in den Räumen und im Garten Konzerte und verschiedenste Aktionen geplant. So hat sich etwa die Klasse Rosefeldt ein eigenes Versuchslabor geschaffen, wo die Studierenden täglich ästhetische Live-Experimente durchführen. Die Klasse Oehlen wird am Eröffnungstag ein selbstgeschriebenes Musical aufführen. Und am Eröffnungsabend findet um 22 Uhr die "Klaus vom Bruch - Show" statt. Eine schräge Talkshow, mit der vom Bruch als Kunstprofessor in den Ruhestand verabschiedet wird.

Und sonst? Gibt es Malerei, Skulpturen, Keramiken, Schmuck, Filme, Multimedia- oder 3D-Installationen zu sehen. Die Bühnenbildklasse hat coole Autoattrappen in Originalgröße gebastelt. Zwei Studentinnen aus der Klasse Hien haben aus Staubsaugern und Trompeten ein "Geräuschemonster" kreiert, auf dem sie am Samstag um 15 Uhr spielen. In der Klasse Rehm muss man mit dem Kopf durch die Decke, um die gedrehten Filme der Studierenden zu sehen. Und ein Student der Klasse Hildebrandt hat eine "Kontemplationsschale" geschaffen. Dabei handelt es sich um ein kleines, rundes Boot aus Holz, in das man sich hineinlegen, über den kleinen Weiher im Garten schippern und ungestört den Himmel betrachten kann. Ein Ort der Ruhe und erzwungenen Machtlosigkeit. Sich dem zu fügen, hinzugeben, das soll nach zehn Minuten höchst entspannend sein.

Jahresausstellung 2018, Sa., 14., bis So., 22. Juli, Akademie der Künste München, Akademiestr. 2-4

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