Ein eigenartiges Politiker-Panoptikum empfängt die Besucher im Lichthof der Mewo-Kunsthalle: Männer und Frauen der aktuellen politischen Weltbühne, deren Porträts eine Gemeinsamkeit eint: Die Staatsoberhäupter, ob Kanzlerin, Diktator, Papst oder Königin, heben die rechte Hand zum Gruß. Eigentlich eine freundliche, friedenstiftende Geste, der die Wiederholung aber jegliche Wirkung raubt und sie zur inhaltslosen Floskel reduziert. Deshalb ist es auch egal, wer hier gegrüßt wird, die Adressaten sind nicht oder nur schemenhaft zu erkennen.
"A Circle Full of Ecstasy" hat Edgar Leciejewski sein wandfüllendes Tableau aus 77 Einzeltafeln genannt, eine spielerisch anmutende Arbeit, die auf subtile Weise viel erzählt. Mehr als 15 Jahre hat er dafür Fotos aus Zeitungen oder im Internet gesammelt. Dass sie von unterschiedlicher Qualität, manche arg verpixelt sind, spielt keine Rolle. Wichtiger ist die Farbe, das Cyanblau, das die Tafeln gleichsam zu einem einzigen Block erstarren lässt. Nur den Händen hat er ihren ursprünglichen Farbton belassen. Dass es sich um einen Kreis handelt, entdeckt man erst bei längerer Beobachtung. Die Porträts sind so angeordnet, dass sich die Politiker langsam zu drehen scheinen, bis schließlich eine Rückenfigur erreicht ist. Von ihr aus kehrt der Winkende wieder ins Profil zurück und spiegelbildlich endet es genau da, wo alles angefangen hat.
Doch das ist nicht die einzige Arbeit des 1977 in Ost-Berlin geboren und inzwischen in Leipzig lebenden Fotografen. Für seine Porträtreihe "Zwölf" hat er befreundete Künstler fotografiert, ganz realistisch in ihrer jeweiligen Arbeitskleidung, deren Stoff er auch für den jeweiligen Rahmen verwendet. Das Gesicht freilich - das eigentlich Wesentliche eines Porträts - ist nicht zu erkennen. Bis zum Mund hat Leciejewski den Fotoabzug mit Sandpapier abgeschmirgelt. Übrig bleibt ein weißer Balken, den jeder erst für sich wieder füllen muss.
Auch die zweite Ausstellung im Obergeschoss des Museums ist ein Beleg für die unkonventionelle Museumsarbeit des Mewo-Leiters Axel Lapp. Für diese Schau hat er spätgotische Figuren aus dem Memminger Strigel-Museum ins Haus geholt. Auch hier geht es um Fotografie. Der in London lebende Martin Newth arbeitet seit Jahren mit Lochkameras und langen Belichtungszeiten. Seine aus Pappkartons gebauten Apparaturen, mit denen er die historischen Figuren fotografiert hat, stehen schon fast selbst wie Skulpturen im Raum. An den Wänden hängen seine Resultate. Es macht Spaß, zwischen den geschnitzten Originalen, den Kameras und den farbintensiven Aufnahmen herumzuspazieren.
Wer Lust hat, kann sich dann noch auf drei weitere Künstler einlassen, die Lapp zufällig im "Dorf" entdeckt hat - so nannte sich die erste kurze, gemeinsame Präsentation. Weil ihn diese so begeisterte, hat er sie nun in die "Provincetown" geholt: Michael Günzer, der aktuell nur Köpfe malt; Dennis Buck, der das Signieren und Datieren von Bildern zu einem überzeugenden Konzept erhoben hat. Und die Berlinerin Conny Maier, die sich in leuchtenden Farben und mit viel Witz mit Herr und Hund auseinandersetzt.
Edgar Leciejewski: Welt im Kopf , bis 13. Mai ; Provincetown: Dennis Buck, Michael Günzer, Conny Maier , bis 21. Mai; Martin Newth: Rezension — Skulptur, Objekt, Apparat , bis 3. Juni, MeWo-Kunsthalle Memmingen