Kunst und Literatur:Arbeit nervt

Kunst und Literatur: Arbeit ist nicht Lebenszweck, Kunst schon: Kyrill Constantinides Tank.

Arbeit ist nicht Lebenszweck, Kunst schon: Kyrill Constantinides Tank.

(Foto: Jonas von Lenthe)

Der Münchner Künstler Kyrill Constantinides Tank stellt sein erstes Buch vor - in "Janus Neinus Vielleichtus" zeichnet und dichtet er mit grimmigen Witz

Von Laura Helene May

Auf der linken Buchseite der Titel "Borderline", auf der rechten die Zeichnung einer Landesgrenze. Auf der linken Seite der Titel "German Tierschutz", auf der rechten ein volltätowierter Skinhead, dessen T-Shirt die Aufschrift "R.I.P. Chico" trägt. Auf der linken Seite der Titel "Der Professor beim Trachtenumzug", auf der rechten ein in Tracht gekleideter Bärtiger beim Hitlergruß und mit einer Morgensternwaffe. Immer wieder entsteht zwischen den Texten und den Zeichnungen des jungen Münchner Künstlers Kyrill Constantinides Tank eine neue Sinnebene. Auch wenn der Betrachter sie nicht immer sofort begreift, weil er den Spagat zwischen Nonsense und Intellektualität nicht schafft.

"Ich will halt, dass es witzig ist", erklärt der 29-Jährige sein Buch "Janus Neinus Vielleichtus". Worum es geht? Schwer zu sagen. Irgendwie geht es um Arbeitsverhältnisse, das Individuum im Spannungsverhältnis zwischen Weltpolitik, System und kleinbürgerlichem Alltag. Der diesjährige Gewinner des Berliner Literaturwettbewerbs Open Mike hat Kunstpädagogik studiert und arbeitet in einem Museumsshop. Sein Arbeitsplatz dient ihm nicht nur zum Geldverdienen, sondern auch zum Zeichnen. So macht die Arbeit auch Spaß. Kunst zu machen findet er laut eigener Aussage zum Glück "ziemlich leicht". Gar nicht verstehe er, warum in unserer Gesellschaft nur jene Arbeit etwas wert zu sein scheine, die mit viel Schweiß und Stress absolviert wurde.

"Rivale oder Kollege" fragt sich Kyrill Constantinides Tank in einer Zeichnung, in der er einen Menschen und einen Roboter zeigt, die sich die Hände reichen. "Jetzt sollten vielleicht mal die reden, die noch nichts dazu gesagt haben", lautet der Titel zu einer ungenau dargestellten Weltkugel. Der Wunsch nach mehr Solidarität im Allgemeinen zieht sich durch das gesamte Buch. Zwischen intellektuellen Anspielungen auf historische Ereignisse aus Kunst, Politik und Weltgeschichte und vermeintlich banalen Comicskizzen entstehen humorvoll assoziative Szenarien.

Sein erstes Buch wurde in dem dieses Jahr gegründeten Berliner Verlag "Wirklichkeit Books" publiziert. Kyrill Constantinides Tank - das ist übrigens kein Künstlername - kommt eigentlich eher von der performativen und bildenden Kunst. Mit seinen Gedichten "alles hyle nix eidos" gewann er dann letztes Jahr den Open Mike. Bei seiner Buchpräsentation in der Lothringerstraße kombiniert er Lesung und Performance und bringt so den Witz zwischen Zeichnung und Lyrik zum Ausdruck. Seine Freunde seien gespannt, sagt er, weil "es dieses Mal etwas ernster wird als bei bisherigen Performances". Seine Arbeiten halten der Gesellschaft den Spiegel vor und kritisieren vor allem eines: Unfreiheit und die Arbeit als Lebenszweck. Arbeit sollte nicht nerven, sondern Freude bereiten, findet Kyrill Constantinides Tank. Wenn Kunst seine Arbeit ist, hat er das geschafft.

Kyrill Constantinides Tank: Janus Neinus Vielleichtus, 12. Juli, Rroom Kiosk Books Bar, Lothringerstraße 13

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