Kunst:Rosagrün

Kunst: "Asphalt Air and Hair" (2017) von Katharina Grosse.

"Asphalt Air and Hair" (2017) von Katharina Grosse.

(Foto: René Dahme; Phlox Films. VG Bild-Kunst Bonn, 2017)

Künstler in Dänemark und auf der Documenta greifen in die Vegetation ein - und bekommen Ärger mit den Umweltschützern.

Von Catrin Lorch

Nein, der Ganzkörperanzug sollte die Künstlerin vor dem Farbnebel schützen, nicht vor giftigen Blicken. Doch kann man sich vorstellen, dass Katharina Grosse morgens froh war, in ihren verschmierten Overall zu steigen, bevor sie sich zur Uferpromenade im dänischen Aarhus aufmachte, um ihr Werk "Asphalt, Air and Hair" zu vollenden. Auf Einladung einer vom Aros Museum veranstalteten Garten-Triennale färbte sie mit der Sprühpistole ein Stück Böschung und Park in grellem Rosa.

Doch man muss sich derzeit fragen, ob das Werk die Vernissage noch in so strahlendem Zustand erleben wird. Auf Facebook und im Internet tobt eine Hasskampagne. "Das ist jenseits von bescheuert", ist noch einer der harmloseren Kommentare, "hoffentlich schämst Du Dich für Dich selbst". Vor allem dänische Nachbarn erregen sich über die "Zerstörung kostbarer Natur, wo es doch angezeigt ist, sie zu bewahren", ein Anlieger rief die Polizei.

Eichentriebe aus Kassel blühen jetzt an griechischen Stämmen

Es sind Hunderte, einige unterstellen der Künstlerin "Verrücktheit", andere steigern sich in die Vorstellung hinein, wie Grosse "jeden einzigen Partikel" ihres Werks am Ende der Triennale wieder einsammeln müsse. Dabei sollte die Schau doch ein Leuchtturm im Kulturhauptstadtjahr werden, "ein gutes Beispiel dafür, wie wir die Messlatte höher legen und bedeutende, ehrgeizige Kunstprojekte verwirklichen, die europaweit Aufsehen erregen", schreibt die Veranstalterin Rebecca Matthews stolz. Katharina Grosse bleibt gelassen, sie verteidigt ihr "großes Gemälde" und freut sich über die Debatte. "Die Leute fragen, wem der Park gehört, was wir für einen Begriff von Natur haben, wie wir damit umgehen."

Diese Gelassenheit möchte man derzeit auch den Documenta-Machern in Kassel wünschen. Dort bekämpfen aufgebrachte Bürger ein Werk des Künstlers Sokol Beqiri, der sich an einer der vielen Tausend Eichen zu schaffen machte, die einst infolge von Joseph Beuys "7000 Eichen. Stattverwaldung statt Stadtverwaltung" gepflanzt wurden. Sokol Beqiri hat auf Einladung der Documenta 14 junge Ästchen von Athener Olivenbäumen auf die Kasseler Eichen aufgepfropft, umgekehrt blühen gerade Eichentriebe aus Kassel an griechischen Stämmen. Doch sind die Bewahrer von unverfälschten Beuys-Eichen und die dänischen Park-Aktivisten tatsächlich Naturschützer - oder einfach gegen zeitgenössische Kunst? Die Anfeindungen in Dänemark legen Letzteres nahe: "Behalt Deinen Kram lieber im Museum", sagt einer, "dann können sich die Menschen wenigstens aussuchen, ob sie es sehen müssen, oder nicht."

Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: