Süddeutsche Zeitung

Angebliche Picasso-Kunst:Der Handwerker war's

In Frankreich sollen 271 bislang unbekannte Werke von Picasso aufgetaucht sein - das wäre eine Sensation. Doch die Umstände, unter denen die Objekte an die Öffentlichkeit kamen, sind so zweifelhaft, dass erst einmal Misstrauen angebracht ist.

Gottfried Knapp

Wenn die Überprüfung der 271 beschlagnahmten Kunstwerke ergeben sollte, dass sie tatsächlich von Picasso in den Jahren zwischen 1900 und 1932 geschaffen und in den frühen Siebzigern verschenkt worden sind, könnte man von einer Sensation reden. Doch die Umstände, unter denen die Objekte an die Öffentlichkeit kamen, sind so zweifelhaft, dass erst einmal Misstrauen angebracht ist.

Im Lauf des zu Ende gehenden Jahres hat der an der Côte d'Azur lebende Elektriker Pierre Le Guennec dem Nachlassverwalter der Familie Picasso, dem Sohn Claude, mehrfach Abbildungen von bislang unregistrierten Werken Picassos zugesandt, um ein Echtheitszertifikat für sie zu bekommen.

Als Claude Picasso alle 271 Arbeiten im Oktober zu Gesicht bekam, hat er sofort Anzeige wegen Hehlerei erstattet. Le Guennec, der in Picassos Villen Alarmanlagen eingebaut hat, will die Bilder, Collagen und Skizzen als Anerkennung für seine Arbeit geschenkt bekommen haben.

Warum er die Werke 40 Jahre lang der Welt vorenthalten hat, gehört ebenso zu den Rätseln des Falls wie die Tatsache, dass keines der Objekte signiert ist, Picasso in der Regel aber nur mit Widmung versehene Arbeiten verschenkt hat. Die Medien in Frankreich spekulieren schon mit einem Gesamtwert von 60 Millionen Euro - allein neun kubistische Collagen sollen 40 Millionen erbringen - dabei ist noch gar nicht geklärt, ob die Werke überhaupt echt oder schlicht gestohlen worden sind.

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Quelle:
SZ vom 30.11.2010/kar
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