Kunst:Neue Tretjakow-Galerie

Tretyakov Gallery in Moscow
(Foto: Image courtesy OMA)

Die größte Kunstsammlung Russlands, die "Tretjakowka" in Moskau, hat einen Riesenbau aus dem sowjetischen Modernismus. Der Architekt Rem Kohlhaas verpasst ihr jetzt eine "taktvolle Transformation".

Von Sonja Zekri

Norman Fosters Entwurf in Form einer geschälten Riesen-Orange blieb dem Ort vor ein paar Jahren gnädig erspart. Dafür erwartet das Riesengebäude an einer Schleife der Moskwa demnächst eine "taktvolle Transformation", wie es aus der Neuen Tretjakow-Galerie heißt. Der gigantische Kubus ist ein Traum reinsten sowjetischen Modernismus', inspiriert von den Proportionen und Kolonnaden des Dogenpalastes in Venedig, erbaut über fast 20 Jahre nach den Plänen von Nikolai Sukojan und Jurij Schewerdjajew, eröffnet 1983. Nun soll der Architekt Rem Koolhaas ihn aufs Sanfteste in die Gegenwart führen und harmonisieren.

Bislang nämlich war das Haus geteilt. Die eine Hälfte, das "Zentrale Haus des Künstlers", bot ein freies Allerlei aus Ausstellungen, Buchmessen, Lesungen und Konzerten; die andere Hälfte gehörte der Neuen Tretjakow-Galerie, dem jüngeren Teil der größten russischen Kunstsammlung. Lange war die Tretjakow-Kollektion fantastischer Chagalls, Malewitschs und Muchinas sträflich schlecht besucht, seit ein paar Jahren aber landet das Museum eine Blockbuster-Ausstellung nach der anderen. Russische Kunst für ein patriotisch gestimmtes Publikum feierte Rekorde, da ist es nur logisch, dass die "Tretjakowka" expandiert.

Nach den Plänen von Koolhaas greift das Museum aus, verdrängt den unsortierten Kunstgenuss nebenan und erstreckt sich über das gesamte, wahnsinnige 60 000 Quadratmeter große Gebäude. Um den ebenso monumentalen wie schwerelosen Eindruck zu verstärken, will Koolhaas Wände entfernen, Treppen umdrehen und konfettibunte Farbflächen einziehen. Der Riesenkasten soll in vier Bereiche gegliedert werden: Sammlung, Veranstaltungshalle, Lernprogramme und Depot. Seine schiere Dimension mache es unmöglich, den Bau als homogenen Raum zu begreifen, so Koolhaas: "Moderne, zu Sowjetzeiten unerschwingliche Eingriffe wie beispielsweise Rolltreppen werden den Publikumsverkehr verbessern." Ein paar Hundert Meter weiter im Gorki-Park hat Koolhaas bereits das Garage Museum of Contemporary Art der Oligarchen-Gattin Dascha Schukowa umgebaut. Es ist eines der aufregendsten Kunsthäuser in einer der coolsten Gegenden der Stadt.

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