Kunst:"Nackt!" in Basel

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(Foto: Antikenmuseum basel)

Von Egbert Tholl

Die Dame trägt ihren Namen zu Recht. Er lautet "Aphrodite Kallipygos", was übersetzt so viel bedeutet wie "die mit dem schönen Hintern". Zu Hause ist sie als römische Kopie einer hellenistischen Statue im Nationalmuseum Neapel, sie ist im Original 2100 Jahre alt, und ihr Po, auf den sie mit einem neckischen Blick nach hinten selbst aufmerksam macht, ist von solcher Anmut, dass eine junge Frau, die gerade vor der Statue steht, nicht umhinkann, mit ihrem Telefon ein Foto der Rückenansicht zu machen.

Die steinerne Göttin ist zu Gast im Antikenmuseum Basel, in der Ausstellung "Nackt! Die Kunst der Blöße", die dort noch bis Ende April zu sehen ist. Sie will zeigen, wie die Nacktheit in die Kunst kam und beginnt im alten Orient und bei den Ägyptern, könnte noch weiter zurückgehen, bis zur österreichischen Venus von Willendorf etwa, die circa 30 000 Jahre alt ist. In ihren Anfangsjahrtausenden war Nacktheit stets verknüpft mit Fruchtbarkeit, entsprechend ausladende Körpermerkmale haben die Figürchen. Bei den Ägyptern kommt noch hinzu: Kleidung bedeutet Status; nackt dargestellt werden eroberte Feinde, Bauern, Sklaven.

Den Impuls für die Schau gab die Diskussion der vergangenen Jahre, wie viel Nacktheit man im Museum zeigen dürfe. Auch Antikensammlungen experimentierten mit Feigenblättern, Gemälde wie Courbets "Ursprung der Welt" sollten am besten ganz verschwinden. Mit Gelassenheit und kunsthistorischer Aufgewecktheit feiern hingegen die Basler die Nackten, vor allem die aus dem antiken Griechenland.

Dort trieben die Männer vom 8. vorchristlichen Jahrhundert an nackt Sport, Nacktheit war verknüpft mit Heroismus, jugendliche Helden, väterliche Götter wurden mit idealisierten Körpern dargestellt. Und Kinder, Sklaven, später Hetären, was vor allem die römischen Kopisten begeisterte. Den ersten Skandal schuf 340 vor Christus Praxiteles mit seiner Aphrodite, der ersten monumentalen Aktdarstellung eines Frauenkörpers. Sie wurde ein Touristenmagnet, heute steht sie als Nachbildung in Basel im Foyer, flüchtig werden Schambalken auf die Skulptur projiziert. Das wirkt so grotesk, dass man der Dame gern ihre würdevolle Blöße gönnt.

© SZ vom 19.01.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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