Musik:Zum Tod von George Prêtre

Musik: Georges Prêtre, Jahrgang 1924, trat in allen großen Opernhäusern der Welt auf. Er war im Laufe seiner Karriere auch Generalmusikdirektor der Pariser Oper.

Georges Prêtre, Jahrgang 1924, trat in allen großen Opernhäusern der Welt auf. Er war im Laufe seiner Karriere auch Generalmusikdirektor der Pariser Oper.

(Foto: Dieter Nagl/AFP)

Seine Welt war die Musik - zwischen Glanz und Eleganz, Führen und Verführen. Nun ist der französische Dirigent im Alter von 92 Jahren gestorben.

Von Helmut Mauró

Auch mit 86 Jahren gab er noch den Dandy, versuchte, die Musiker im Saal des Wiener Musikvereins nicht nur zu führen, sondern mehr noch, zu verführen, um ihnen die entlegensten Klangfarben zu entlocken. Für den Dirigenten George Prêtre war Musik, insbesondere die große Orchestermusik und Symphonik, immer auch Glanz und Eleganz. Hier kamen Österreich und Frankreich zusammen. Vielleicht lagen in diesen Fähigkeiten, außer in seiner musikalisch-technischen Kompetenz, auch jene Talente, die Herbert von Karajan auf den jungen Kollegen aufmerksam werden ließen. Karajan gehörte zu den frühesten und nachhaltigsten Förderern Prêtres.

An der Opéra Comique in Paris dirigierte er 1962 die Strauss-Oper "Capriccio" mit Elisabeth Schwarzkopf als Gräfin. Karajan war im Zuschauerraum und lud ihn ein, die Oper bei den Wiener Festwochen zu dirigieren. Prêtre hatte Bedenken, wollte nicht in das Gehege der großen Kollegen geraten: "Ich sagte ihm, dass das doch ein Stück von Dr. Böhm sei. Karajan entgegnete, dass das Publikum auf meine Interpretation neugierig sei." Denn, so Karajan, er habe das Stück in Paris doch gar nicht so schlecht dirigiert.

Vielleicht war es nicht nur die Angst vor den Wiener Intrigen, die Prêtre vorsichtig sein ließ. Denn hinter seiner weltmännischen Fassade gab es auch den bescheidenen Musiker aus der Kleinstadt. Geboren wurde er 1924 im Norden Frankreichs, in der Gemeinde Waziers bei Douai, wo er später Klavier und Trompete studierte. Am Pariser Konservatorium lernte er Dirigieren bei André Cluytens, und schon bald, im jungen Alter von 22 Jahren, debütierte Prêtre als Operndirigent in Marseille. Das war 1946, und die meisten Menschen hatten andere Sorgen als die Helden auf der Bühne. Mit Elan und Beharrlichkeit schaffte es Prêtre innerhalb von zehn Jahren zurück in die Hauptstadt Paris. Er wurde Generalmusikdirektor der Pariser Oper, und wiederum zehn Jahre später schaffte er sogar den Sprung über den Atlantik. Wenn auch nicht für lange, dafür aber für einen glamourösen Auftritt: Er dirigierte 1966 die Wiedereröffnung der Metropolitan Opera in New York.

Spätestens seit diesem Tag war Prêtre ein international renommierter Stardirigent, gastierte an größeren und auch großen Häusern. 1986 bis 1991 war er Erster Gastdirigent der Wiener Symphoniker, des zweiten Orchesters der Stadt. Später dirigierte er auch, in einem Waldbühnen-Konzert, die Berliner Philharmoniker und schließlich die großen Wiener Philharmoniker. Zweimal leitete er das legendäre Neujahrskonzert, zuletzt 2010, schwärmte von Strauss-Walzern und dem ganzen Fin-de-Siecle-Flair. Am Nachmittag des 4. Januar verstarb George Prêtre in seiner französischen Heimat. Er wurde 92 Jahre alt.

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