Kulturstudie:Guck mal, wer da guckt

Da sieh mal einer an: Die Deutschen gehen dreimal öfter ins Museum als ins Theater - vor allem in Berlin. Verlierer ist das Kino.

Christine Dössel

Dass Kultur nicht nur das Schmiermittel für Geist und Seele, sondern auch ein wichtiger Standort- und Wirtschaftsfaktor ist, muss eigentlich nicht bewiesen werden. Man braucht gegenwärtig nur nach Bayreuth oder etwa auf die Salzburger Festspiele zu blicken, um zu sehen, wie Opern-, Theater- und Konzertangebote den Tourismus ankurbeln und eine Stadt gast- wie volkswirtschaftlich beleben, auf dass die Kassen klingeln.

Die neue Kulturstudie, die Walter Radermacher, der Präsident des Statistischen Bundesamtes Wiesbaden, am Dienstag in Frankfurt am Main vorgestellt hat, untermauert insofern nur das Offensichtliche, ist aber dennoch aufschlussreich. Nicht nur weil sie mit konkreten Zahlen im Ländervergleich aufwartet, sondern auch weil sie damit erstmals die Lücke in der statistischen Berichterstattung über Kultur in Deutschland schließt.

Die Studie "Kulturindikatoren auf einen Blick - Ein Ländervergleich", eine Gemeinschaftsveröffentlichung der Statistischen Ämter des Bundes und der Länder (einzusehen im Internet unter www.statistik-portal.de), zeigt vor allem eines: die anhaltende Beliebtheit - und wirtschaftliche Wertschöpfungskraft - klassischer Kultureinrichtungen wie Theater und Museen.

So wurden im Jahr 2006 in Deutschland knapp 103 Millionen Museumsbesucher und in der Spielzeit 2005/06 34,8 Millionen Theatergänger gezählt. Womit feststeht, dass die Deutschen (und ihre Besucher) dreimal öfter ins Museum als ins Theater gehen. Spitzenreiter ist ganz klar die Museumsstadt Berlin mit 3,5 Besuchen pro Einwohner. Auch Bremen konnte sich mit 2,3 Museumsbesuchen je Einwohner recht weit von den übrigen Ländern absetzen.

Bei den Theatern führt dagegen die selbsternannte "Musicalhauptstadt" Hamburg die Statistik an: Da kommen 2380 Besuche auf 1000 Einwohner. Bremen (920), Berlin (910), Sachsen (560) und Baden-Württemberg (470) erreichten ebenfalls Zahlen, die über dem Bundesdurchschnitt von 420 Theaterbesuchen je 1000 Einwohner lagen. Schlusslichter sind in dieser Kategorie Brandenburg und Rheinland-Pfalz, bei den Museumsbesuchen: Hessen und das Saarland.

Einmal im Jahr ins Theater

Insgesamt gehen im Schnitt vier von zehn Bundesbürgern einmal im Jahr ins Theater. Zwar ging die Zuschauerzahl seit der Saison 2000/01 tendenziell zurück, in den letzten zwei Jahren ist sie jedoch - ebenso wie die Zahl der Museumsbesucher - weitgehend konstant geblieben.

Anders bei den Kinogängern: Deren Zahl nimmt deutlich ab. Bei den Filmvorführungen auf bundesweit 4848 Leinwänden wurden 2006 insgesamt rund 137 Millionen Besucher gezählt - das sind zwar neun Millionen mehr als im Vorjahr, aber 41 Millionen weniger als im Jahr 2001. Durchschnittlich ging im Jahr 2006 jeder Einwohner nur 1,7-mal ins Kino.

Das mag auch mit der ebenfalls in der Statistik erfassten Rundumausstattung der privaten Haushalte mit technischen Geräten und neuen Medien zu tun haben. 2006 hatten 95 Prozent aller deutschen Haushalte ein Fernsehgerät, 69 Prozent einen Videorekorder und 58 Prozent einen Internetanschluss.

Was die Kulturausgaben angeht, liegt Sachsen im Ländervergleich vorne: Mit 155,40 Euro pro Einwohner gab der Flächenstaat im Jahr 2005 am meisten für Kulturzwecke aus, gefolgt von den drei Stadtstaaten Bremen (147,10 Euro), Berlin (146,90 Euro) und Hamburg (144,60 Euro). Schlusslichter waren Schleswig-Holstein (53,60 Euro) und das Saarland (50,10 Euro). Die Länder bestreiten in Deutschland knapp 42 Prozent der Kulturausgaben, die Kommunen kommen für 45,5 Prozent auf, der Bund übernimmt gut zwölf Prozent. Insgesamt haben die öffentlichen Haushalte im Jahr 2005 acht Milliarden Euro für Kultur ausgegeben.

Dass diese Summe lediglich 1,6 Prozent des Staatshaushaltes ausmacht, ist die Kehrseite der glänzenden Kulturmedaille.

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