Kulturpolitik:"Zweckfrei fördern"

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Neben der Kultusministerkonferenz gibt es ab Januar eine Kulturministerkonferenz. Hamburgs Senator Carsten Brosda wird sie leiten und erklärt, was das neue Gremium kann und soll.

Von Peter Burghardt

Es wird in Deutschland ja reichlich über Heimat, Identität und Integration gestritten, da kann dieser Vorstoß der Kulturhüter nicht schaden. "Wenn man die aufgeregten Debatten, was uns eigentlich im Kern unserer Gesellschaft ausmacht, mal vernünftig miteinander führen will, dann muss man damit auch auf dem Platz sein", sagt Carsten Brosda, Hamburgs Senator für Kultur und Medien. "Dazu gehört, dass auch die Positionen der Länder bundesweit hörbar sind." Deshalb gibt es künftig nicht nur eine Kultusministerkonferenz, in der vor allem die Bildungsminister der Bundesländer über die Schulen beraten. Es gibt jetzt auch eine Kulturministerkonferenz, in der sich die Kulturminister aus den Ländern treffen sollen. Brosda wird das Gremium fürs Erste leiten.

Die Kultur ist wie die Bildung Ländersache. Beides gehörte bisher bei der Kultusministerkonferenz zusammen. Aber Kunst und Kultur kamen im Plenum oft zu kurz, weil es meistens dann doch nur um die Bildung ging. Auch deshalb erfand 1998 der damalige Bundeskanzler Gerhard Schröder das Amt des Beauftragten für Kultur und Medien, also des Kulturstaatsministers. Derzeit ist Monika Grütters von der CDU die Bundesbeauftragte für Kultur und Medien. Nun haben die Landesminister oder Senatoren für Kultur und Medien in Berlin beschlossen, eigene Interessen zu formulieren und Beschlüsse zu fassen. Ab 1. Januar 2019 kommt unter dem Dach der Kultusministerkonferenz diese neue Kulturministerkonferenz zusammen. Den Vorsitz übernimmt der Hamburger Brosda, 44, SPD, weil die Hansestadt turnusgemäß den Vorsitz der Ministerpräsidentenkonferenz innehat.

Man wolle gemeinsam Themen bewegen, sagt Brosda. Welche Themen? In der Theorie geht es um abstrakte Begriffe wie "die offene Gesellschaft" und "Verständigungsräume", wie Brosda es nennt. Praktisch sollen zum Beispiel solche Fragen erörtert werden: Wie können in Deutschlands dezentraler Kulturlandschaft Förderprogramme besser abgestimmt werden, etwa beim Großthema Digitalisierung? Oder: Wie könnte ein angemessener Umgang mit dem kolonialen Erbe aussehen? Vielleicht müsse man sich dabei "international auch ganz neue Eigentumskategorien ansehen", wenn es um die angestrebten Rückgaben gehe, meint Brosda: "Da werden wir alle miteinander noch kreativ sein müssen." Außerdem: Was ist eigentlich das kulturelle Erbe einer durch Migration geprägten Gesellschaft? Wie verändert es sich?

Carsten Brosda stammt aus Gelsenkirchen, er kann sich gut an den Kampf um die Theater im damals besonders klammen Revier erinnern. Er will die knappen Mittel der Kulturpolitik "so auf die Straße bringen, dass sie sich bestmöglich ergänzen". Auch als Beitrag gegen die derzeit schlechte Stimmung? "Eine gemeinsame Vorstellung, was eigentlich unsere Kultur ausmacht, kann schon sinnvoll sein", findet Brosda. Doch er findet auch: "Wir müssen Kunst und Kultur zweckfrei fördern - nur dann generieren sie Sinn."

Und falls irgendwann die AfD in einem Bundesland den Kulturminister stellt? Carsten Brosda hofft, "dass dieses Problem nicht auftritt".

© SZ vom 15.10.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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