Kulturpolitik: Westerwelle und Neumann:Freund und Feind

Kulturstaatsminister Bernd Neumann wurde erst verspottet und hat sich inzwischen Respekt erarbeitet. Guido Westerwelle hingegen sah sich gerne als Freund der Künste - und nun?

Stephan Speicher

Bernd Neumann, der Kulturstaatsminister des Bundes, ist im Kabinett Merkel ein fester Erfolg seit fünf Jahren oder besser: seit fast fünf Jahren. Denn sein Amtsantritt wurde mit einigem Spott begleitet. Der stets korrekt gekleidete Neumann kam Künstlern und ihren Trabanten vor wie der hanseatische Kaffeekaufmann aus dem Fernsehen.

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Was Guido Westerwelle zu seiner Haltung treibt, ist unklar. Die Neumannsche Gabe, auf Freund und Feind zuzugehen, fehlt ihm. Er scheint sie aber auch nicht zu vermissen.

(Foto: dpa)

Aber Neumann verschaffte sich bald Respekt. Der Versuchung, durch groß gemeinte Reden sich wichtig zu machen, hat er klug widerstanden, stattdessen spielte er seine Fähigkeiten als parlamentarischer Profi aus. Keiner der Vorgänger hat mit solchem Erfolg die Interessen seiner Klientel gewahrt. Neumann redet mit allen. Auch den ewigen Konflikt zwischen Haushalts- und Fachpolitikern, für die Sache sparsamer Haushaltsführung zwingend notwendig, versteht er zu mildern. Und so hat er selbst für das Haushaltsjahr 2011 seinen Etat steigern können.

Es geht hier nicht um gewaltige Summen, und von den 27 Millionen Euro zusätzlich fließen 20 Millionen in den Denkmalschutz. Das sind Mittel, die bei der Städtebauförderung des Bauministeriums gestrichen wurden und doch nicht vollständig eingezogen werden sollten, weil sie den bedrängten Kommunen zugutekommen. Von den übrigen sieben Millionen Euro gehen zwei Millionen in die Bundeskulturstiftung, weitere Mittel sollen die kommenden Lutherfeierlichkeiten vorbereiten und einen Wettbewerb für ein größeres Mahnmal zur Erinnerung an die Opfer der Aktion T4, der nationalsozialistischen "Euthanasie"-Morde.

Bei letzterem kann man sich fragen, ob das richtig ist, denn es gibt bereits einen ernsthaften Erinnerungsort. Doch in allen Momenten erkennt man bei Neumann das Engagement für die ihm anvertraute Sache.

Zweifelhafte Argumente

Das sieht bei Guido Westerwelle anders aus. Das Auswärtige Amt (AA) wendet ein knappes Viertel seines Etats für kulturelle Zwecke auf, vor allem für Auslandsschulen, Wissenschaft und Universitäten, das Goethe Institut. Diese Zwecke und Einrichtungen nehmen an den Sparvorgaben für das Ministerium in fast vollem Umfang teil. Der Gesamtetat des AA schrumpft um 3,0 Prozent, der für auswärtige Kulturpolitik um 2,7 Prozent. Wenn der Staat sparen soll, dann kann die kulturelle Sphäre nicht selbstverständlich davon dispensiert sein. Aber hier sind die Argumente zweifelhaft.

Westerwelle persönlich machte sich für die Kürzung stark und begründete das mit dem Aufwuchs der Goethe-Mittel. Bis 2011 wird es eine Steigerung um 55 Millionen, knapp 35 Prozent geben. Das ist richtig, verkennt aber, dass dem Goethe Institut in den letzten Jahren neue Aufgaben übertragen wurden. Dazu gehören "Deutschlandwochen" in Ausland (sie kosten zwei Millionen Euro jährlich), die Afrika-Initiative (fünf Millionen) und das Pasch-Programm (19, 3 Millionen), das Partnerschulen im Ausland beim Deutsch-Unterricht unterstützt.

Dass Pasch, in der letzten Legislaturperiode ins Leben gerufen, ein in jeder Hinsicht schönes Ziel verfolgt, bedarf keiner Begründung. Dafür aber muss Geld mobilisiert werden. Auch das Haus der Kulturen der Welt muss mit Kürzungen fertig werden. Der Zuschuss des Hauses Neumann bleibt unverändert bei 1,9 Millionen Euro, der des Auswärtigen Amtes aber wurde um 250000 Euro auf eine Million reduziert.

Der vormalige Außenminister Steinmeier war an der auswärtigen Kulturpolitik interessiert, so nahm die Entwicklung einen guten Gang, wozu auch die Reform des Goethe Instituts gehörte. Westerwelle hat in Cornelia Pieper eine Staatsministerin mit spezieller Zuständigkeit für diese Belange, doch deren politisches Gewicht ist gering.

Und auch Westerwelle selbst engagiert sich wenig. Die Neumannsche Gabe, auf Freund und Feind zuzugehen, fehlt ihm; er scheint sie aber auch nicht zu vermissen. Was ihn zu dieser Haltung treibt, ist unklar, er liebte es doch mal, sich als Freund der Künste darzustellen. Ärger hat er sich mit seiner intransingenten Haltung längst genug eingehandelt, mit der Opposition und mehr noch mit der Union. Die Entscheidung in diesen Fragen fällt das Parlament, so ist das letzte Wort noch nicht gesprochen.

Aber aus koalitionspolitischen Erwägungen ist es schwer, den Entwürfen der Ministerien die Zustimmung zu versagen.

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