Kulturpolitik:Schatz auf Reisen

Kulturpolitik: Noch ist das Doppelporträt aus dem Jahr 1634 im Besitz von Éric de Rothschild, der für die Gemälde 160 Millionen Euro haben will.

Noch ist das Doppelporträt aus dem Jahr 1634 im Besitz von Éric de Rothschild, der für die Gemälde 160 Millionen Euro haben will.

(Foto: Historisch)

Der Pariser Louvre und das Rijksmuseum in Amsterdam könnten mit dem gemeinsamen Ankauf zweier Rembrandt-Gemälde Museumsgeschichte schreiben.

Von Joseph Hanimann

Rechtlich steht der Abreise zweier Meisterwerke Rembrandts aus Frankreich nichts mehr im Weg. Die Ausfuhrgenehmigung für das Doppelporträt des holländischen Paars Marten Soolmans und dessen Gattin Oopjen Coppit aus dem Jahr 1634 ist seit diesem Sommer erteilt.

Die restriktive französische Regelung, die für Werke "von besonderer Bedeutung fürs nationale Kulturerbe" aus Privatsammlungen dem Staat ein auf 30 Monate befristetes Vorverkaufsrecht einräumt, bevor sie das Land verlassen dürfen, hat in diesem Fall nicht funktioniert. Die polemische Diskussion über den möglichen Export der beiden Bilder aus der Pariser Privatsammlung Rothschild, wo sie seit über hundert Jahren hängen, könnte jetzt aber eine neue Schonfrist setzen und zugleich zu einer originellen Transaktion führen: dem gemeinsamen Griff nach diesem Schatz durch den Pariser Louvre und das Rijksmuseum Amsterdam.

Als Éric de Rothschild vor einem Jahr die Behörden informierte, er wolle sich von den beiden Gemälden trennen, wurde zunächst die normale Prozedur für das Vorkaufsrecht durch ein öffentliches Museum eingeleitet. Die 160 Millionen Euro, die der Besitzer insgesamt haben will, erschienen aber unerschwinglich für die Staatskasse. Das Verfahren wurde abgekürzt, und man schritt gleich zu den Formalitäten für die nächste Etappe: die Ausfuhrgenehmigung. Kunstkenner protestierten im Frühjahr dagegen, dass der Staat so schnell aufgebe, ohne alle Möglichkeiten eines Erwerbs via Mäzene und Privatspender ausgeschöpft zu haben.

Laut Gesetzestext würden Ausfuhrgenehmigungen nur für Werke erteilt, die "keinen nationalen Kulturschatz darstellen", schrieb die Kunstzeitschrift La Tribune des Arts. Wenn fortan auch so bedeutende Rembrandt-Bilder in diese Kategorie fielen, sei es mit Frankreichs Kulturambitionen bald vorbei. Das Kulturministerium sah sich zum Einschreiten aufgerufen. Also nahm die zuständige Ministerin Fleur Pellerin mit ihrer niederländischen Kollegin Jet Bussemaker Kontakt auf. Gemeinsam regten die beiden bei Éric de Rothschild an, die Porträts könnten je zur Hälfte vom Louvre und vom Rijksmuseum erworben werden. Das Paar würde dann abwechselnd in den beiden Museen zu sehen sein.

Noch sei jedoch nichts entschieden, dämpft der Louvre-Direktor Jean-Luc Martinez die Erwartungsfreude. Auch 80 Millionen Euro sind für das Ankaufsbudget des Louvre viel zu hoch - und nicht anders sieht es wohl auf der holländischen Seite aus. Der Erfolg des Projekts hängt nun davon ab, ob der Besitzer angesichts dieses interessanten Pionierakts europäischer Museums- und Kulturpolitik mit sich über den Preis reden lassen wird. Es soll bereits verhandelt werden. Strategisch befinden Paris und Amsterdam sich durch die voreilig erteilte Ausfuhrgenehmigung jedoch in einer wenig vorteilhaften Lage. Private Interessenten für die beiden Bilder zum genannten Preis gibt es dem Vernehmen nach schon mehrere.

Doch die Möglichkeit bleibt offen, dass Éric de Rothschild, der dem Verwaltungsrat der "Gesellschaft der Freunde des Louvre" angehört, statt für den Höchstpreis seines Schatzes sich für die Option eines neuen Schrittes europäischer Museumsgeschichte erwärmen könnte.

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